Warum wir Open Data in Hotellerie und Tourismus brauchen! Interview mit Florian Bauhuber von Tourismuszukunft

Zuletzt aktualisiert am 31.12.2019.

In meiner 22. Episode spreche ich mit Florian Bauhuber über Open Data und warum Open Data für Hotellerie und Tourismus wichtig ist.

Durch den Artikel von Florian „Open Data im Tourismus: Was Destinationen wirklich brauchen!“ bin ich auf das Thema aufmerksam geworden und will von ihm wissen, was Hotels tun müssen.

“Die intelligenten Märkten finden Anbieter, die ihre Sprache verstehen.”

Quelle: Das Cluetrain Manifest

Und selbstverständlich kannst du diesen Beitrag hören oder lesen.

Was ist Open Data überhaupt?

Valerie: Herzlich Willkommen Florian, schön dass du da bist. Stell dich doch kurz vor. Wer bist du und was machst du?

Florian Bauhuber: Mein Name ist Florian Bauhuber, ich bin Geschäftsführer von Tourismuszukunft. Wir begleiten touristische Akteure dabei, den digitalen Wandel, Veränderung und die Transformation die gerade stattfindet erfolgreich in ihr Handel zu übersetzen.

Ich selbst bin in vielen Beratungsprojekten tätig und begleite touristische Unternehmen, schwerpunktmäßig Destinationen oder touristische Leistungsträger dabei digitale Projekte auf die Straße zu bringen.

Valerie: Wir sprechen heute über Open Data in Hotellerie und Tourismus. Bevor wir das „Warum“ klären: Was ist Open Data überhaupt?

Florian: Bei Open Data handelt es sich frei übersetzt um „offene Daten“, die von Nutzern für ihre Zwecke verwendet werden. Diese Daten dürfen weiterverbreitet und verändert werden. Das hängt natürlich davon ab, mit welche Lizenz diese Daten ausgestattet sind.
Letztendlich spricht man bei Open Data von offenen Daten, offenen Inhalten, die man nutzen kann.

[white_box]Open Data
Wikipedia beschreibt Open Data so: Als Open Data werden Daten bezeichnet die von jedermann ohne jegliche Einschränkung genutzt, weiterverbereitet und weiterverwendet werden dürfen. Die Forderung danach beruht auf der Annahme, dass frei nutzbare Daten zu mehr Transparenz und Zusammenarbeit führen. Der volkswirtschaftliche Wert offener Daten aus der öffentlichen Verwaltung wurde 2016 von der Konrad-Adenauer-Stiftung auf jährlich 43,1 Milliarden Euro geschätzt. Um die Nachnutzbarkeit zu gewährleisten, werden Freie Lizenzen verwendet. Die Open-Data-Bewegung ist im Umfeld der Wissensallmende anzusiedeln und teilt viele Argumente mit den artverwandten Themen Open Source, Open Content, Open Access und Open Education. Die Bereitstellung offener Daten durch die öffentliche Hand wird als eine Voraussetzung für Open Government angesehen. [/white_box]

Open Data im Hotel: Beschreibung, Bilder, Sehenswürdigkeiten, Wandertouren

Valerie: Welche Daten können das sein?

Florian: Klassischerweise könnten das im touristischen Bereich zum Beispiel Daten über Hotels, also Unterkunftsdaten sein. Der Hotelname, das Hotelbild, die Beschreibung des Hotels. Aber auch Daten über POIs, also über Points of Interests, das heißt über interessante Punkte für Touristen wie Sehenswürdigkeiten, Attraktionen, Wandertouren, Radtouren usw.

Solche Daten können frei, offen zu Verfügung gestellt werden. Letztendlich können alle Daten frei und offen zu Verfügung gestellt werden. Grundsätzlich ist Open Data nicht auf einen bestimmten Datentyp beschränkt, aber klassischerweise und warum wir uns gerade mit dem Thema beschäftigen, geht es dabei um die gerade genannten Daten. Die werden immer mehr kostenlos zur Verfügung gestellt, so daß sie an unterschiedlichen Kontaktpunkten in der Customer Journey auch genutzt werden können.

Warum brauchen wir Open Data in der Hotellerie?

Valerie: Warum brauchen wir das? Also was ist der Nutzen hinter Open Data?

Florian: Grundsätzlich sind wir gerade im Tourismus so aufgestellt, daß die Daten sehr oft in bestimmten Datenbanken liegen und nur vom jeweiligen Eigner der Datenbank oder dessen Vertragspartner über Schnittstellen verwendet werden.

Sehr oft ist es so, dass diese Daten erstellt oder gesammelt werden, z.B. von einem Tourismusverband und dann sind die Daten in einer Datenbank „gefangen“ und werden sehr schlecht weiterdistribuiert oder verteilt. Oftmals sind sie nicht mit den richtigen Lizenzen ausgestattet, um sie zu verteilen. Wir haben im Moment sehr viele Datensilos in denen Daten liegen und nicht wirklich genutzt werden. Sie kommen nicht dorthin wo sie der Nutzer tatsächlich braucht.

Wir sehen in sehr, sehr vielen Studien daß die User einfach an unterschiedlichen Kontaktpunkten mit touristischen Daten in Kontakt kommen und sehr oft sind eben dort nicht die besten Daten zu finden. Oftmals findet der User irgendwelche Daten und leider auch schlechte.

Das Bestreben vieler touristischer Akteure ist die Daten zu öffnen, also die Datensilos aufzubrechen, um die möglichst besten Daten zum User zu bekommen und sie nicht versauern zu lassen.

„Es ist wichtig Datensilos aufzubrechen.“

Wichtig für Open Data in Hotellerie und Tourismus: ein Standard für alle Daten!

Valerie: Wie lässt sich das denn umsetzen? Im Artikel schreibst du auch von schema.org. Ist das eine Möglichkeit das umzusetzen?

Florian: Grundsätzlich muss man sagen, daß die Open Data Bewegung nichts neues ist. Es stehen in vielen Bereichen offene Daten schon deutlich länger frei zu Verfügung. Zum Beispiel in der Mobilität, weil das auch politisch gewollt ist.

Deshalb wird das zusehends immer mehr auch die öffentlichen Tourismusorganisationen treffen, die diese Daten zur Verfügung stellen müssen, weil es von ihnen verlangt wird.
Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, daß die globalen Player sich auf einen gemeinsamen Standard geeinigt haben. Das heißt, wie die Daten ihnen zur Verfügung gestellt werden und ausgezeichnet werden sollen. Dieser gemeinsame Standard nennt sich schema.org.

Da haben sich die großen Player wie Google, Microsoft und Co. zusammengeschlossen und haben festgelegt, wenn sie Daten von jemanden abholen, um sie für unsere Zwecke in Wert zu setzen, dann müssen die nach einer bestimmten Logik ausgezeichnet werden.

Diese Logik nutzen bereits viele, auch touristische Organisationen, aber nicht nur die, um ihre Daten, den großen Playern zur Verfügung zu stellen. Die können dann Anwendungen gestalten, die es dem User ermöglichen dort wo er sich gerade aufhält mit den Daten zu arbeiten.

Der Sinn von schema.org bezieht sich auf bestimmte Datentypen. Die großen Player verstehen nicht immer unseren touristischen Zugang oder unsere Destinationen und sie verstehen auch unsere Datentypen nicht immer. Sie haben aber bestimmte Datentypen definiert, die sie global ausrollen können. Das sind zum Beispiel Veranstaltungen.

Und wenn ein touristischer Akteur seine Daten zu den großen Playern als Open Data liefern will, dann kann er seine Veranstaltungen via schema.org so auszeichnen. Die großen Player crawlen die Website um sie dann in eigenen Services wieder zu rekombinieren, wieder zu verwenden und dem User zu visualisieren.

Der Gast sucht zum Beispiel nach einem Event in einer Destination oder Stadt und Google spielt die Ergebnisse nach oben, die der touristische Akteur über schema.org ausgezeichnet hat.

Valerie: Gestern hab ich noch gelesen, dass du dir einen gemeinsamen Knowledge Graph wünscht. Was ist das und warum brauchen wir das?

[white_box]Knowledge Graph
Unter dem Begriff Knowledge Graph versteht man zunächst ganz allgemein eine Systematik, anhand der Informationen gesucht und miteinander verknüpft werden. Quelle: www.textbroker.de[/white_box]

Florian: Da muss ich ein bisschen ausholen.

Wir müssen die Daten nicht nur für die großen Player interpretierbar machen, wir müssen sie für alle verständlich machen.

Wir empfehlen den touristischen Akteuren, ihre Daten anders aufzubereiten, als sie es bisher tun.

Bisher liegen die Daten in klassischen relationalen Datenbanken. Das heißt die Daten werden nach einer definierten Ordnung abgelegt. Diese Ordnung verstehen aber nur Touristiker oder jeweilige Anbieter.

Aber sie können nicht von künstlicher Intelligenz oder von Dritten interpretiert werden.

Mit Open Data versteht Alexa touristische Daten | www.tourismuszukunft.de

Um diese Daten interpretierbar zu machen, also um sie auch von der Maschine verstehen zu können oder auch andere Programmierer, die mit den Daten was machen wollen, bietet sich ein sogenannter Knowledge Graph an.

In diesem Wissens-Graph werden die Daten in Beziehung zueinander gesetzt. Das heißt ich sage nicht nur daß es eine Veranstaltung gibt, sondern ich sage auch gleichzeitig was die Veranstaltung bedeutet und wofür sie steht. Dadurch mache ich verständlich, was diese Veranstaltung tatsächlich ist.

Wenn jetzt ein externe Programmierer oder eine KI eine Suche oder einen Service baut, der eine Veranstaltung nach einem bestimmten Typ ausgeben will, dann kann er das dank des Knowledge Graph tun, weil er die Daten tatsächlich versteht.

Um das besser zu verdeutlichen:
Klassischerweise liegt ein Knowledge Graph nicht in einer relationalen Datenbank, sondern er liegt in einer graphbasierten Datenbank. Da ist ein eigener Datenbanktyp in dem die Daten abgelegt werden und in dem die Beziehungen zwischen den einzelnen Entitäten (so nennt man die einzelnen Datentypen oder die einzelnen Objekte) aufbereitet werden für die künstliche Intelligenz.

Warum fordere ich jetzt einen Knowledge Graph für den touristischen Bereich?

Wenn die Daten in so einem Knowledge Graph liegen, dann sind die, wenn sie geöffnet werden als Linked Open Data mit der Linked Open Data Cloud verknüpft.

Die Linked Open Data Cloud ist eine sehr große offene Datenwelt. Es gibt sehr viele Knowledge Graphs im Netz die miteinander verknüpft sind. Wikipedia ist ein großer Teil dieser Datenwelt. Aber auch viele andere Daten im Netz werden bereits offen zur Verfügung gestellt.

Wenn wir Touristiker unsere Daten in diese offene Datenwelt hineinbringen wollen, wäre es sinnvoll, daß wir gemeinsam einen Knowledge Graph bauen.

“Sinnvoll ist nur ein gemeinsamer Knowledge Graph für alle touristischen Akteure“

Je größer unser touristischer Graph ist, also unsere Wissensdatenbank, umso relevanter ist sie innerhalb der Linked Open Data Cloud. Das heißt, wenn wir wollen, daß unsere Daten in Zukunft auch genutzt werden sollen in der Linked Open Data Cloud und auch von den großen Playern, dann sollten wir uns auf einen gemeinsamen Knowledge Graph einigen und unsere Daten integrieren. Und in einem gemeinsamen Vokabular und nach einer gemeinsamen Logik verknüpfen, damit wir eine gemeinsame Sprache in der Auszeichnung unserer Daten sprechen.

Ich weiß, das ist sehr technisch und es dauert sicher eine gewissen Zeit bis man sich in diese Thematik eingearbeitet hat, aber wir leben heute in einer der Welt in der globale Player die Macht haben.

Die Marktmacht der großen Player läßt sich nur mit Open Data verschieben

Die Google, Facebook und Co., die bookings, die haben die Macht. Und die Frage ist, wie wollen wir mit dieser Welt umgehen?

Machtbeziehungen verändern wir nicht dadurch, daß man den großen Playern die Daten über schema.org zur Verfügung stellt. Machtbeziehungen verändern wir, in dem wir Daten allen zur Verfügung stellen. Das heißt für alle öffnet.

Das hat man beim Thema Google Maps sehr gut gesehen. In dem Moment wo ein Konkurrent auf den Markt kam, der hieß Open Street Map, wo offene Daten für alle zur Verfügung gestellt werden konnten, ist die Marktmacht von Google Maps gebrochen worden. Und seitdem gibt es wieder echten Wettbewerb und genau das ist die Logik dahinter.

Wir wollen die Daten im Tourismusbereich öffnen und das nicht um die großen Player noch stärker zu machen. Wir wollen mit einem gemeinsamen Knowledge Graph alle Daten die im Tourismusbereich vorhanden sind für alle zugänglich machen, um neuen Wettbewerb zu schaffen.

Valerie: Um die Daten in den gemeinsamen Knowledge Graph zu bekommen, braucht man Programmierkenntnisse, oder? Ich überlege gerade, ich bin Hotelier und möchte mich beteiligen. Was muss ich tun, damit meine Daten zugänglich werden?

Florian: Das hängt davon ab, an welchem Ort sich das Hotel befindet, im Moment.

Es gibt bereits Akteure die ihre Daten, also touristische Regionen, Destinationen, DMOs, die ihre Datenbanken auf ein neues Niveau bringen und eben solche graphbasierten Datenbanken einführen und solche Graphen bauen.

Wir wollen mit einem gemeinsamen Knowledge Graph alle Daten die im Tourismusbereich vorhanden sind für alle zugänglich machen, um neuen Wettbewerb zu schaffen.

Open Data in Hotellerie und Tourismus macht neuen Wettbewerb möglich

Es geht um Datenbanken und eine gemeinsame Logik

Der von uns gewünschte Ansatz ist in Zukunft, das ein Hotelier am besten nur die Daten in seinem lokalen Destinationtechnologie, was auch immer vor Ort ist, z.B. Feratel, TOMAS oder irgendeine Datenarchitektur, einmal seine Daten integriert. Es muss kein Buchungssystem sein. Es geht letztendlich nur darum, daß es eine Datenbank gibt.

Wir müssen alle dieser gemeinsamen Logik folgen, mit einer gemeinsamen Sprache, gemeinsames Vokabular damit die Daten so aufbereitet sind, daß sie in einem Knowledge Graph in dieser Linked Open Data Cloud existieren können und interpretierbar sind.

Dazu haben wir in Innsbruck eine Arbeitsgruppe mit deutschen Destinationen gegründet, in der wir einen gemeinsamen Weg erarbeiten, um zu verhindern, dass nicht einzelne Akteure und Leistungsträger sich darum kümmern müssen.

Ein Hotelier muss sich um die Lizenzfragestellungen kümmern. Es werden in Zukunft einige Destinationen auf die Hotels zukommen und sagen, hey wir brauchen eure Bilder, wenn ihr sie in Zukunft zur Verfügung stellen wollt für unsere Datenbanken, dann mit einer freien Lizenz.

Das heißt, wenn du einen Fotograf beauftragt hast, Bilder zu machen, dann darfst du die Bilder nicht nur für die Nutzung auf den eigenen Kanälen abkaufen, sondern am Besten mit einer Creative Common Lizenz. Das heißt mit einer CC0 – Lizenz, also mit möglichst freien Rechten, so daß diese Bilder oder Videos auch tatsächlich weiterverwendet und genutzt werden dürfen.
Wenn die Bilder nämlich unter Copyright liegen, dann sind diese Daten nicht nutzbar in der Open Data Logik.

Dann kann ich zwar noch den Hotelnamen kommunizieren und den Standort des Hotels und vielleicht noch die textlichen Beziehungen zwischen dem Hotel und dem Produkt, aber das visuelle, Bilder und Videos ist, kann ich nicht mehr transportieren. Dann können die Nutzer diese Daten nicht verwenden, weil sie eben nicht mit der passenden freien Lizenz zur Verfügung gestellt werden.

Die Open Data Welt verändert die Beschaffung von Inhalten für Hotels

Das heißt für die neue Open Data Welt, wird sich auf Hotelebene sehr stark die Beschaffung von Inhalten verändern und gar nicht so sehr die tägliche Arbeit.

Es wäre natürlich denkbar, daß ein Hotelier sich selbst mit der Thematik Open Data beschäftigt und seine eigenen Daten strukturiert auszeichnet. Die Frage ist, in welchem Aufwand-Nutzen-Verhältnis das für den Hotelier steht.

Ich glaube es ist sinnvoller, daß diese Aufgabe die Destinationen für die Hotels und Leistungsträger übernehmen.

Valerie: Ich habe von einer Umfrage gelesen, die outdooractive durchgeführt hat. Die Ergebnisse liegen auch schon vor.

Anfang des Jahres gab es ja mit euch, also Tourismuszukunft und outdooractive einen Round Table. Hat das auch was mit der Arbeitsgruppe in Innsbruck zu tun? Oder was hat es damit auf sich?

Florian: Den Round Table haben wir im Rahmen vom Tourismuscamp mit outdooractive zusammen gemacht. Da haben wir die unterschiedlichen Akteure, vor allem auf Dienstleisterseite zusammengebracht.

In Innsbruck haben sich nur touristische Destinationen ohne technische Dienstleister getroffen. Gerade auch um uns nicht zu sehr von technischen Dienstleistern leiten zu lassen. Das sind zwei unterschiedliche Arbeitsgruppen.

“Wir brauchen ein gemeinsames Vokabular und eine gemeinsame Sprache für Open Data.”

Das Ziel war beides mal, den Austausch zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu fördern, um eben auch gemeinsamen Weg zu diskutieren und nicht das jeder sein eigenes Süppchen kocht und die Daten für die künstliche Intelligenz aufbereitet. Am Ende haben wir dann einen riesigen Datensalat, der dann auch nichts bringt. Dann hat zwar jeder seine Daten geöffnet, aber jeder mit einem anderen Vokabular und einer anderen Sprache ausgezeichnet. Damit kann man dann auch nichts anfangen.

Valerie: Diese Umfrageergebnisse sind ja sehr positiv ausgefallen. Die Mehrheit ist für Open Data. Weißt du welche Personengruppen da befragt wurden?

Florian: Das weiß ich nicht. Wir merken auch eine große Offenheit. Vor Jahren wurde da noch sehr protektionistisch mit den Daten umgegangen. Es wurden Daten gesammelt, um selbst damit Geld zu verdienen auf den jeweiligen Destinationsseiten. Es wurde stark darauf geachtet, daß die Daten eben nur für eigene Zwecke verwendet werden.

Die Daten müssen über bestimmte Touchpoints zum Gast, dort wo er sie braucht und haben will

Aber ich glaube es sickert langsam in die Köpfe der touristischen Akteure ein, daß die Aufgabe öffentlicher Tourismusorganisationen nicht ist, sich zu refinanzieren, sondern die Aufgabe ist, den Gast dort mit den richtigen Daten zu versorgen, wo der Gast die Daten haben will.

“Die Aufgabe ist es, den Gast mit den richtigen Daten zu versorgen, an dem Punkt an dem der Gast sich gerade befindet.“

Das ist in sehr vielen Fällen nicht nur die Website der jeweiligen Region. In vielen Fällen sind das ganz unterschiedliche Kontaktpunkte. Das kann eine App sein, das kann eine Plattform sein oder mal die Suchmaschine selbst. Das ist vielleicht ein Sprachassistent in dem die Daten ausgegeben werden.

Es löst sich immer mehr von den eigentlichen Webseiten in Richtung des headless Web. Es gibt keine visuelle Ausgabe mehr, sondern die Daten werden an unterschiedlichen Ecken und Enden verwendet.

Ich kann nicht mit jedem Akteur Verträge abschließen, ich kann nicht mit jedem Akteur Schnittstellen bauen, sondern ich muß irgendwie sicherstellen, daß die Daten genutzt werden können. Deshalb ist es wichtig, sich jetzt mit Open Data zu beschäftigen. Das ist die Grundvoraussetzung.

Wenn meine Daten keine freie Lizenz haben, wenn meine Daten nicht verwendet werden können, dann hilft die ganze Datendistribution nichts. Die Plattformen und Dienste draußen nutzen nur die Daten, wenn sie das Recht dazu haben.

Ich glaube das Pro Open Data wird noch größer und in den nächsten Jahren stärker werden. Und die die jetzt noch skeptisch sind, werden sukzessive mitgerissen. Ich denke, daß es keine sinnvolle alternative Strategie gibt, als die Daten zu öffnen.

Open Data ist DSGVO-konform

Valerie: Seit dem 25. Mai 2018 muss man ja auch nach der DSGVO, also nach der Datenschutzgrundverordnung fragen. Da gibt es von dir in dem Beitrag schon ein klares Statement, dass es ja nicht um personenbezogene Daten geht.

Florian: Genau. Es geht jetzt nicht darum, daß wir irgendwelche Kundendaten öffnen wollen.

Theoretisch wäre es denkbar, daß es natürlich ein Open Data für Kundendaten gibt, aber da ist unser Rechtssystem ziemlich klar und deutlich. Wir denken in der Open Data Bewegung nicht darüber nach Kundendaten zu öffnen, sondern es geht um Marketingdaten. Es geht um Daten, die wir erheben, um Destinationen, um Produkte darin und Angebote zu vermarkten.

In der Open Data Bewegung geht es um Marketingdaten, die wir erheben um Destinationen, deren Produkte und Angebote erfolgreich zu vermarkten.

Derjenige der die Daten zur Verfügung stellt hat eine Intention und will daß die Daten verbreitet werden. Der will das Gäste und Kunden auf ihn aufmerksam werden. Und dementsprechend besteht auch ein Vertragsverhältnis zwischen dem der die Daten distribuiert und dem der die Daten zur Verfügung stellt. In diesem Vertragsverhältnis ist auch geklärt, daß die Daten genutzt und weiter verteilt werden können. An dieser Stelle gibt es offensichtlich in einigen Destinationen Baustellen, weil oft Daten aggregiert wurden ohne sauber zu dokumentieren, woher die Daten kommen und ob man das Recht an den Daten hat. An diesen Stellen müssen viele Destinationen noch nachjustieren und in den Dialog mit den Hotels gehen.

Mit dem gemeinsamen Knowledge Graph entfallen die Schnittstellen

Das ist jetzt der Wandelprozess. Das wird ein paar Jahre dauern, bis alle Daten klar sind und lizenzrechtlich sauber sind, bis mit Fotografen die dementsprechenden Verträge geschlossen wurden, daß man die Daten nutzen kann.

Ich glaube am Ende haben wir eine riesigen positiven Effekt für die einzelnen Leistungsträger in den Destinationen und für die Branche selbst. Warum? Wenn wir es schaffen unsere Daten via Knowledge Graph aufzubereiten und einen Knowledge Graph in der Branche zu bauen, dann sind wir die Schnittstellen-Thematik los.

Wir brauchen einen gemeinsamen, touristischen Knowledge Graph mit einer gemeinsamen Sprache und Vokabular.

Wir brauchen einen gemeinsamen, touristischen Knowledge Graph mit einer gemeinsamen Sprache und Vokabular

Das Thema Schnittstelle hat die Branche über die Jahre hinweg gegeißelt, weil die technischen Dienstleister auch nicht unbedingt wollen, daß die Daten interoperabel werden. Wenn die Daten das sind, dann ist es sehr einfach von einem technischen Dienstleister zum nächsten zu wechseln. Das wird für die technischen Dienstleister nicht unbedingt schön. Es kommt eben darauf an die beste Leistung anzubieten und nicht die Daten hinter Schnittstellen zu verstecken, nur um einen Wechsel zu verhindern.

Für die Hotellerie ist die ganze Entwicklung auch sehr positiv. Warum?

Nehmen wir Hotel xy, in Destination xy, das gerne auf der eigenen Website die besten Wanderwege präsentieren will. Oder das Hotel will die Veranstaltungen der Destination präsentieren.
Das ist heute sehr oft nur über Schnittstellenlösungen oder Widgets machbar.

In Zukunft, wenn die Daten offen zur Verfügung gestellt werden, dann ist es für die Werbeargenturen des Hotels sehr einfach die Daten für ihre Zwecke, für ihren Kontext und für das Hotel auf der Website einzubinden. Das heißt, aus Gastperspektive nur positiv. Die Hotels können diese Daten für ihre Zwecke verwenden, egal ob auf der Website oder in einer Tabletlösung auf dem Zimmer oder in einer App, was auch immer das Hotel als Kommunikationskanal zur Verfügung stellt.

Das Hotel muss den Gast in Zukunft nicht auf eine andere Seite schicken oder zum Tourismusbüro, sondern kann die offenen Daten auf der eigenen Seite einsetzen.

Valerie: Also es gibt diese Arbeitsgruppe und den Round Table, wie du sagst. Und jetzt ist meine Frage: Wo stehen wir?

Florian: Also der Round Table hat den Auftrag tatsächlich Wissen zu vermitteln und eher in die Diskussion zu kommen. Die Arbeitsgruppe nennt sich DACH KG, also DACH Knowledge Graph für den DACH Raum, also Deutschland, Österreich und Schweiz.

Da hat man sich auf ein stufenweises Vorgehen geeinigt. Das wird gerade ausgearbeitet.

Wir haben das Ziel klar, wir haben die einzelnen Umsetzungsschritte klar und das Semantic Technology Institute – STI – in Innsbruck hat auch eine technische Infrastruktur zur Verfügung gestellt auf der gerade der Tiroler Knowledge Graph läuft. Also auf der bereits ein Proof of Concept funktioniert, um den gemeinsamen touristischen Knowledge Graph zu bauen.

Das heißt, wir haben die Grundvoraussetzungen geschaffen, wir haben Eckpunkte geschaffen um den gemeinsamen Weg zu gehen. Letztendlich hängt es jetzt an operativer Arbeit. Das heißt wir müssen uns jetzt auf die gemeinsame Sprache, auf das gemeinsame Vokabular einigen, wie wir unsere Inhalte auszeichnen wollen, um sie dann im Knowledge Graph zusammen zu führen.

Valerie: Wie muss die gemeinsame Sprache und das gemeinsame Vokabular aussehen? Geht es dabei um gleiche Worte für zum Beispiel Zimmerkategorien?

Florian: Ja, es geht um gemeinsame Worte. Nicht unbedingt im Kontext von Zimmerkategorien – weil die in einem ersten Schritt nicht prioritär sind – aber grundsätzlich hast du schon recht.

Ein Problem ist zum Beispiel, dass Unterkunftstypen falsch bezeichnet werden. Hier erarbeiten wir in der Arbeitsgruppe auf Basis des schema.org Vokabulars ein erweitertes Vokabular für den Tourismus.

Für viele touristische Datentypen ist das Schema.org Vokabular noch nicht ausreichend, um die Komplexität im System Tourismus abzubilden (z.B. Strände, Wandertouren, Stadtführungen). Globale Player verstehen in vielen Fällen nicht die gelebte Realität im deutschsprachigen Tourismus. Um diese Datentypen allerdings ebenso auszeichnen zu können, ist es nötig, für diese Datentypen eine gemeinsame Sprache zu entwickeln bzw. die bereits bekannte Sprache (Schema.org) so zu erweitern, dass dieses Vokabular von den Global Playern für die Erweiterung des Quasi-Standards adaptiert wird.

Hierfür wollen wir allerdings keine eigenen „Wörter“ in der „Sprache“ erfinden, sondern uns aktiv bemühen, bereits von anderen Organisationen und Institutionen verwendetes Vokabular zu benutzen. Ziel ist es hier, die Welt nicht neu zu erfinden, sondern möglichst etablierte Begrifflichkeiten zu adaptieren, um den Anschluss zu anderem Vokabular (z.B. zur Mobilität oder etablierten Standards wie AlpineBits) gewährleisten zu können.

Die ersten Schritte in der Einigung in Bezug auf das Vokabular werden im Oktober getroffen. Da trifft sich die Arbeitsgruppe nochmal, um zu identifizieren, wo und an welchen Stellen wir ein gemeinsamen Vokabular brauchen. Es ist also nicht in der weiten Ferne, sondern die Technik steht, der Wille der unterschiedlichen Akteure die da mit am Tisch sitzen ist auch vorhanden, wir müssen nur operative Schritte tun, um die Daten soweit zu bringen, um sie für die künstlichen Intelligenz interpretierbar zu machen.

Valerie: Vielen Dank für das Gespräch und die spannenden Entwicklungen. Ich hoffe wir können in einem halben Jahr nochmal sprechen und uns die Fortschritte ansehen.

Florian: Super. Ich danke dir.

Weitere Informationen und Leseempfehlungen

Tim Burners Lee, der Erfinder des World Wide Web initiierte ebenfalls das Linked Data und schlug dafür ein 5 Sterne Modell für Open Data vor.

Das 5 Star Modell nach Tim Burners Lee für Linked Data und Open Data, www.5stardata.info

Du findest eine Erklärung mit Beispielen auf www.5stardata.info.

In Kürze wird dort folgendes erklärt und mit Beispielen veranschaulicht:

1 Stern – Stelle deine Daten unter einer offenen Lizenz zur Verfügung
2 Sterne – Stelle diese Daten strukturiert bereit. Das heißt zum Beispiel in Excel statt als PDF
3 Sterne – Verwende offene Formate, z.B. CSV statt Excel
4 Sterne – Verwende URIs um Dinge zu bezeichnen und zu verlinken
5 Sterne – Verlinke Daten um einen Zusammenhang herzustellen

Leseempfehlungen zum Thema Open Data in Hotellerie und Tourismus

Aktuelles zum Thema Open Data im Tourismus vom 07.11.2019: “Weitere Fortschritte beim Open Data-Projekt”

Open Data Germany – Open Data im Tourismus

“Infografik über KI und Walled Gardens”

“Infografik zur Digitalisierung im Tourismus”

“Alexa, Google Destination und Co.: Content Management in Destinationen”

“Headless Web und das Ende des Webdesigns” der Artikel auf t3n stammt aus 2016.

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Und jetzt zu dir!

Bist du schon überzeugt von Open Data? Antworte mir im Kommentarfeld.

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Über den Gesprächspartner: Florian Bauhuber, Geschäftsführer Tourismuszukunft

Warum wir Open Data im Tourismus brauchen! Interview mit Florian Bauhuber von Tourismuszukunft

… ist Geschäftsführer des Experten-Netzwerks Tourismuszukunft sowie Doktorand am Lehrstuhl für Kulturgeographie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Bereits seit dem Jahr 2006 berät und begleitet er gemeinsam mit seinen Kollegen touristische Unternehmen und Verbände. In seinem Fokus stehen dabei unterschiedliche Beratungsschwerpunkte: #ServiceDesign #WebsiteRelaunch #ContentStrategie #Marketing #Vertrieb #Change #Innovation

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Valerie Wagner Journalistin & Podcasterin
… und ich bin leidenschaftliche Podcasterin und Journalistin. Ich hoste vier Podcast-Sendungen. Zwei produziere und hoste ich selbst: Die Podcast-Reportage ist ein Interview-Podcast in dem ich mit interessanten Menschen und Experten spreche. Im Text & Podcast Podcast zeige ich dir wie du einen Podcast startest und dran bleibst. Im Format Follows Story Podcast den ich mit Heike Stiegler co-hoste, geht’s um Geschichten. Und im Die Büchestaplerinnen-Podcast spreche ich regelmäßig mit Antje Tomfohrde über Bücher. Außerdem schreibe ich journalistische Texte für Magazine und bin Mitglied im Redaktionsteam des DFJV-Podcasts.

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