Online Reputation Management in der Hotellerie [Video]

In diesem Video geht es um das ORM – Online Reputation Management in der Hotellerie und wie du damit umgehen solltest.
Wenn du lieber liest, statt zu hören oder zu sehen, ist der Artikel für dich. Ansonsten wünsche viel Spass beim Video!

VW: Herzlich Willkommen Alexander schön dass du dir Zeit genommen hast. Stell dich bitte kurz vor.

AR: Ich war 34 Jahre lang extrem aktiver Hotelier und in den letzten 20 Jahren  als direktor in verschiedenen Hotels, das übliche Karussell. Ich habe in der Zeit auch fünfmal um- und aufgebaut oder angebaut und neu gebaut, entkernt und zwei Pre-Openings gemacht. Seit Januar habe ich mich selbständig gemacht.

Mit HotelandWeb betreibe ich Hotel Consulting mit fünf sehr eng definierten Dienstleistungen: Prozessmanagement, Online Reputation Management, Hotelbau/Architekturberatung, Digitaler Vertrieb und Schwachstellen-Analyse.

Zudem gibt es noch whiskyconsult.de mit dem ich Whisky-Schulungen in privaten Kreisen, Gastro-Schulungen bis zur Chemie, Verkostungen usw. Doch das ist heute nicht unser Thema.

VW: Ich habe in einem Buch das ich gerade lese die Definition für Online Repuatation gefunden und lese das mal vor.

“Online Reputation ist mehr als ein Image, sie umfasst den Ruf eines Menschen. Die Online Reputation entspricht also der gesamten Wahrnehmung einer Person oder eines Unternehmens auf Basis der Informationen die online verfügbar sind.”

In einem Newsletter von Customer Alliance zu dem ich mich angemeldet habe, steht.

“Laut Tripadvisor spielt für 93% der Befragten die Bewertung eine ausschlaggebende Rolle in welchen Hotels sie übernachten. 53% davon würden kein Hotel buchen ohne vorher die Meinung anderer Gäste gelesen zu haben.”

Damit wird klar, wie wichtig Online Reputation Management überhaupt ist. Wir sprechen heute darüber wie man es managen kann.

Alexander, wie sind deine Erfahrungen und wie hast du das gehandhabt in der Vergangenheit in den Hotels? Wir haben gerade im Vorgespräch darüber gesprochen, dass auf jede Bewertung reagiert werden muss, egal ob positiv oder negativ. Mit keiner Ausnahme und auf allen Kanälen. Das heisst nicht nur auf Bewertungsportalen, sondern auch auf Social Media.

AR: Genau. Dafür gibt es entzückende Monitoring Tools. Das heisst, man muss nicht täglich in sämtlichen Kanälen unterwegs sein, sondern kann die Online Reputation mit diesen Tools überwachen. Wir haben erst letztes Jahr ein neues Tool gekauft, dass auch über eine App verfügt und man sofort reagieren kann. Es ist übrigens angeraten auf einige wenige Bewertungen sofort zu reagieren. Dafür habe ich mir täglich Zeit genommen. Es gibt bei Booking leider eine Einschränkung: Bewertungen die nicht geschrieben wurden, sondern nur der Punkte-Index verwendet wurde, auf die kann man leider nicht antworten. Vielleicht ändert das Portal das aber auch noch in Zukunft.

VW: Ich hab so ein bisschen den Eindruck, dass viele Hotels gar nicht mit Bewertungen umgehen können. Ich habe bisher in keinem Hotel gearbeitet, in dem Bewertungen ernst genommen wurden. Die waren eher so das rote Tuch. Liegt das an persönlicher Kritikunfähigkeit oder warum gehen viele Hoteliers damit so stiefmütterlich um?

AR: Da gibt es viele verschiedene Gründe. Es gab vor ein paar Jahren mal eine Statistik die besagte, dass angeblich 73% der Hoteliers sich selbst um die Online Reputation kümmern. Ich kenne viele Kollegen und kann mir nicht vorstellen, dass wir da bei 73% liegen, sondern deutlich darunter. Es hängt aber sicherlich auch damit zusammen, dass viele nicht erkennen, welches Potenzial dahinter steckt. Das ist Verkauf! Denn wenn die Bucher ihre Hotelliste zusammen stellen, lesen sie nicht nur die Kommentare, sondern auch die Antworten der Hotels.

Zudem werden meistens auch die falschen Leute damit betraut. Mit Sprache kann man unglaublich viel ausdrücken. Es muss also jemand sein, der das Geschäft kennt und der sich sprachlich ausdrücken kann. Und es kann nicht sein, dass es heisst “mach das mal in eurer Rezeptions-Schicht.” Für dieses Video habe ich die Woche ein bisschen recherchiert und ein Beispiel von einem Hotel in Köln rausgesucht. Ein Gast hatte sich massiv beschwert, der Hotelier hat geantwortet, aber nur die üblichen Floskeln verwendet. Mit keinem Wort ist er auf die Beschwerde eingegangen oder hat Stellung genommen. Nur blabla. Und dann kann man es auch bleiben lassen.

VW: Ich habe neulich einen Artikel rausgebracht, darin ging es unter anderem auch um Bewertungen. Bei der Recherche ist mir auch aufgefallen, dass es oftmals nur copy & paste ist, was da abgeliefert wird. Ich sage es jetzt mal etwas überspitzt: Es macht halt Arbeit…Denn bisher wurde der Chatbot noch nicht erfunden, der auf Tonalität eingehen kann und die menschliche Sprache so wiedergeben kann.

Ich finde das sehr schade, dass die Chance die in Bewertungen mit Kommentaren liegt, nicht wahrgenommen wird. Das ist die Chance in den Dialog zu gehen.

AR: Ja, es macht Arbeit! Doch als Hoteldirektor gehe ich auch auf meine Gäste zu, in der Lobby oder am Frühstückstisch oder treffe sie beim Abendessen. Es ist genau das gleiche und im Internet vielleicht weniger stressig, weil man Zeit hat, sich eine Antwort zu überlegen.

Und auch im MICE-Bereich ist es wichtig. Da gibt es automatische Prozesse, die zum Beispiel ein Standard-Feedback-Gespräch vorsehen. Und daran kann man sich verbessern.

Bewertungen im Internet sind nichts anderes als Gäste-Feedback, eben digital.

Und dazu muss man genauso Stellung beziehen, wie analog unter vier Augen.

Zeitlich kostet mich das je nach Saison 10 Minuten am Tag. An Weihnachten und Silvester kann es dann schon 1 Stunde pro Tag ausmachen. Da prasseln dann die Bewertungen rein, weil die Leute auch Zeit haben.

VW: Wir haben eine Frage von einem Zuhörer. Er fragt: Was muss ein Reputation Management Tool können? Was muss gelöst werden?

AR: Ein Monitoring Tool muss in Echtzeit reagieren können. Sobald der Kommentar des Gasts live ist, muss das Tool das erkennen und diese Info weiterleiten. Es ist ratsam, auf einige Kommentare sofort zu reagieren, deshalb ist das sehr wichtig. Das Tool braucht also eine kurze Reaktionszeit. Wir hatten mal eins, das hat vier Tage gebraucht bis es die Info gesendet hat, dass es eine neue Bewertung gibt. Das geht gar nicht. Zudem ist es wichtig, dass ich es sofort lesen kann. Es muss auf Smartphone, Tablet und Desktop gleichermassen abrufbar sein. Und ich muss aus dem Tool heraus sofort antworten können. Egal von welcher Plattform die Bewertung kommt.

Zudem muss es gute Statistiken liefern. Was wurde wann und wie beurteilt. Wie siehts bei den Mitbewerbern aus? Also auch Benchmarking muss damit betrieben werden können.

VW: Eine weitere Fragen von einer Zuhörerin: Wer soll es machen? Jemand der es sprachlich kann und unabhängig von der Position?

AR: Das ist natürlich eine Personalentscheidung und es sollte schon ein Team sein, dass sich den Bewertungen annimmt. Allerdings muss man da reinwachsen und kann es nicht lösen, wenn man noch nie damit zu tun hatte. Erfahrung ist viel Wert. Man muss auf die Bewerter eingehen können, so dass sie das Gefühl haben, Mensch klasse da fühle ich mich verstanden. Und dazu gehört auch diplomatisches Geschick.

Zum Beispiel hatten wir mal Gäste, da ist wirklich was passiert. Die haben dann gesagt, “Sie haben so toll geantwortet, deshalb kommen wir wieder.”

Auf der anderen Seite kann man auch bei unberechtigter Kritik so antworten, dass andere Leser verstehen, das es hier leider am Gast lag. Das ist sprachlich möglich.

Ich hatte mal eine Beschwerde, da hat sich einer darüber beklagt, dass er so schlecht geschlafen hätte. Ich habe ihn charmant darauf hingewiesen, dass auf dem Kopfkissen ein Kissenmenü liegt und wir ihm gerne ein anderes Kissen gebracht hätten.

VW: Eine weitere Frage einer Zuhörerin: Ist es im Sinne der Gastfreundschaft, dem Gast es selbst zu überlassen sich zu belesen? Früher gab es mal Frühstücksdamen, die gefragt haben wie es geht und ob man gut geschlafen hat.

Sie sagt weiter: Wenn der Mensch an den wichtigsten Stellen in der Hotellerie wegrationalisiert wird, braucht man sich nicht zu wundern, dass Dinge, die gar nicht so negativ sind in der Öffentlichkeit / Web auftauchen. Gäste können sich ja nicht mehr vorher Luft machen.

Es geht ihr darum, dass die Gäste nicht mehr aktiv angesprochen werden um zu fragen, wie es ihnen gefallen hat.

AR: Da bin ich der Meinung, dass es oftmals auch an den Gästen liegt und es einfacher ist eine Bewertung zu schreiben, als sich vor Ort damit auseinander zu setzen. Viele kommen gar nicht auf die Idee sich im Hotel zu äussern. Ich würde mir wünschen, dass es die Mitarbeiter gibt, die den Gast fragen, wie es ihm geht. Im Gegenzug wünsche ich mir dann auch, dass die Gäste ehrlich antworten.

VW: Nochmal zum Monitoring Tool. Das kann auch sämtliche Kommentare im Web analysieren, darüber habe ich mit Talkwalker im letzten Podcast-Interview gesprochen. Und dann sprechen wir von User Generated Content – also Inhalten auf Social Media zum Beispiel, die von Gäste oder Kunden verbreitet werden. Deshalb komme ich zum Influencer-Marketing, dass in jedem Fall zum Marketing-Mix gehört.

Da gab es neulich einen Vorfall und über die Reaktion des Hoteliers habe ich mich tierisch aufgeregt. Eine Influencerin hatte angefragt ob sie in eine 3-Sterne-Hotel übernachten darf und im Gegenzug ihren Followern darüber berichtet. Der Hotelier hat das öffentlich gemacht und jetzt ist da richtig Schwung drin.

Eins kommt zum anderen. Er veröffentlicht das, sie antwortet in einem Video darauf.

Die Reichweite und Sichtbarkeit ist enorm.

Was hälst du von Influencer-Marketing und wie wirkt sich das Verhalten des Hoteliers auf seine Reputation aus?

AR: Ich halte zur Vorgehensweise des Kollegen nicht viel. Ich hatte auch viele Anfragen von Bloggern und hab mir die dann genau angeschaut und dann im Einzelfall entschieden. Es ist eine generelle Entscheidung und hat mit der Marketing-Politik eines jeden Hotels zu tun. Es muss jeder für sich entscheiden, ob er mit Influencern arbeiten möchte.

Der Influencer muss zum Typ des Hauses passen und das Haus zum Influencer. Sonst macht es keinen Sinn.

VW: Nun gibt es einige in der Branche die sich über Bewertungsportale und Buchungsportale aufregen und über die überhöhten Provision beschweren. Wie stehst du dazu? Denkst du es macht Sinn, sich dort nicht mehr listen zu lassen?

Meiner Meinung nach existiert man quasi nicht, wenn man nicht auf den einschlägigen Portalen gelistet ist und wir dann auch nicht gefunden.

AR: Ich bin gar nicht sicher, ob man sich so einfach von diesen Portalen “entlisten” lassen kann. Das ist ja ähnlich wie mit Personen öffentlichen Lebens. Die können sich auch nicht dagegen wehren, in einer Zeitschrift abgebildet zu sein. Oder Google zum Beispiel. Da kommt man auch nicht drum herum oder kann sich austragen lassen. Ich schätze die Erfolgschancen gering ein. Aber das ist Sache der Rechtsanwälte.

Ich habe mich selbst schon dabei ertappt, weil es so schön einfach ist, ein Restaurant über Tripadvisor zu finden. Die App bringt mich ans Ziel und damit in ein Restaurant, dass ich vielleicht so nicht gefunden hätte.

VW: Vielen Dank, Alexander. Und zum Schluss noch deine 3 Tipps im Hinblick auf ein gutes Online Reputation Management.

AR: Ich würde mir wünschen, dass sich alle Hoteliers ernsthaft Gedanken darüber machen:

  • Wie stehe ich eigentlich mit meinem Hotel im Internet da? Habe ich ein System an das ich mich halte und die Kommentare beantworte? Bewerte ich die Kommentare fair? Wer beantwortet die Kommentare und wie?

Und wenn ich feststelle, es läuft nicht gut und meine Reputation ist im Keller. Dann bitte:

  • Gedanken machen, wie man es verbessern kann und es dann auch umsetzen.

Das Dritte: Wenn ich es selbst nicht schaffe, dann eine Beratung von aussen holen.

VW: Vielen Dank für das Gespräch.

Ich hoffe dieses Video und der Artikel haben dir gefallen.

Online Reputation Management ist ein zentraler Bestandteil in der Hotellerie. Es beeinflusst nicht nur die Kommunikationspolitik, sondern hat enorme Auswirkungen auf deinen Vertrieb.

Zudem liefert es dir – ganz nebenbei – Informationen zu deinem UBP. Warum übernachten deine Gäste in deinem Hotel? Was ist dein Unique Buyer Proposition?

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Wie behandelst du die Bewertungen?

Beantwortest du jeden Kommentar?

Reagierst du auf Social Media auf die Kommentare deiner Fans?

Schreib mir deine Antwort in die Kommentare! Ich freu mich darauf.

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Valerie Wagner Journalistin & Podcasterin
… und ich bin leidenschaftliche Podcasterin und Journalistin. Ich hoste vier Podcast-Sendungen. Zwei produziere und hoste ich selbst: Die Podcast-Reportage ist ein Interview-Podcast in dem ich mit interessanten Menschen und Experten spreche. Im Text & Podcast Podcast zeige ich dir wie du einen Podcast startest und dran bleibst. Im Format Follows Story Podcast den ich mit Heike Stiegler co-hoste, geht’s um Geschichten. Und im Die Büchestaplerinnen-Podcast spreche ich regelmäßig mit Antje Tomfohrde über Bücher. Außerdem schreibe ich journalistische Texte für Magazine und bin Mitglied im Redaktionsteam des DFJV-Podcasts.

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