“Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.”

Dieses Zitat stammt von der österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. Für mich verkörpert es die Essenz des Internets. Lange Zeit galt dort das Motto “Sharing is caring” – also “Teilen bedeutet Kümmern”. Durch das Teilen von Inhalten tragen wir dazu bei, dass Wissen, Informationen und Inspirationen in die Welt gelangen. Das ist die Grundlage des Internets, wie wir es kennen.

In letzter Zeit beobachte ich jedoch eine Veränderung, die mir Sorgen bereitet. Ich habe diesen Gedanken Anfang Februar auf der Plattform Threads, dem Kurznachrichtendienst von Meta, geteilt.

Gemischte Reaktionen auf Threads

Mein Post auf Threads Anfang Februar Foto Valerie Wagner

Was ich mir nicht erklären kann: jemand wird zum Podcast eingeladen, tolles Gespräch, tolles Miteinander und wenn die Folge online ist, kein Like, kein Teilen, kein Verlinken. Ist das normal? Bin ich zu naiv?

Valerie Wagner auf Threads im Februar 2024

Diese Frage löste gemischte Reaktionen aus. Offensichtlich hatte ich einen Nerv getroffen, als ich mich fragte, warum Menschen kaum noch Inhalte teilen. Und das bringt mich zu der Frage: Ist Sharing noch Caring?

Einige betonten die Bedeutung der gegenseitigen Unterstützung und Sichtbarkeit. Andere argumentierten dagegen und verwiesen auf den Zeitaufwand, die Energie und die Reichweite. Einige vermuteten sogar, dass Gäste nur wegen ihrer Reichweite eingeladen werden. Interessanterweise gab es auch Bedenken hinsichtlich möglicher inhaltlicher Wiederholungen, weshalb einige Kommentatoren das Teilen von Inhalten vermieden.

Ich kann viele dieser Argumente nachvollziehen, halte sie jedoch für zu kurz gedacht. Was in der Diskussion völlig außer Acht gelassen wurde, ist das Thema Eigenmarketing.

Ein Gastbeitrag in einem anderen Podcast oder Blog ist Teil des Eigenmarketings. Dadurch positioniert man sich und wird sichtbar. Das gefällt nicht nur der eigenen Community, sondern kommt auch bei Suchmaschinen gut an. Dahinter steckt das Qualitätskonzept von Google. Für den Fachjournalist habe ich darüber schon mal geschrieben: “Fachjournalismus und das E-E-A-T-Konzept: Google von der eigenen Marke überzeugen“.

Wenn man ein Thema hat, in dem man Experte ist, sollte man darüber sprechen. Man kann das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten, da man alle Aspekte kennt. Wenn das nicht der Fall ist, sollte man eine Einladung ablehnen, um sich nicht zu wiederholen.

Zum Eigenmarketing gehört auch das Teilen dieser Inhalte in den sozialen Medien. Dadurch macht man keine Werbung für ein anderes Produkt. Dieses Argument wurde ebenfalls in der Diskussion genannt. Wenn man eine Podcastfolge oder einen Gastbeitrag teilt, zeigt man seine Kompetenz und sagt: “Schaut her, ich wurde eingeladen und habe ein Interview zu meinem Thema gegeben.”

Wenn ich sehe, wie schwer es manchen Menschen fällt, Inhalte, in denen sie selbst vorkommen, zu teilen, frage ich mich:

Ist das “Social” in den sozialen Medien nur noch ein Begriff aus längst vergangenen Zeiten?

Alle sozialen Netzwerke wurden mit dem Ziel gestartet, Inhalte zu teilen und Menschen zu verbinden. Dafür gibt es Funktionen wie “In deiner Story teilen” bei Spotify oder Instagram und Teilen-Buttons unter Blogartikeln. Das Teilen von Beiträgen von Menschen wird immer wichtiger.

Meta-Chef Mark Zuckerberg stellte im September 2023 auf der connect-Konferenz des Unternehmens neue KI-Funktionen für Facebook, Instagram und WhatsApp vor. Demnach sollen künstliche Intelligenzen in die Plattformen integriert werden. Diese KIs sollen mit eigenen Facebook- und Instagram-Profilen ausgestattet sein und als personalisierte Chatbots mit eigener Persönlichkeit, Meinung und Interessen auf den Plattformen interagieren.

Die möglichen Auswirkungen dieser Entwicklung fasst der Journalist Richard Gutjahr in seinem Text “Das Zeitalter von Synthetic Social Media hat begonnen” zusammen. Er warnt vor den Folgen von Deep-Fake-Technologien und KI-Influencern in den sozialen Medien. Diese Entwicklung kann unsere Kommunikation nachhaltig verändern und zu einem Kampf um Aufmerksamkeit führen. Die Einflussnahme durch Algorithmen wird immer größer und spaltet die Gesellschaft. In Zukunft könnten KI-gesteuerte Avatare sogar reale Menschen ersetzen.

Gutjahr zitiert in seinem Text den Gründer von Deep Media, Rijul Gupta, der sagt: “Was wir gerade erleben, ist die Geburt von Synthetic Social Media”.

Laut Gupta wird die US-Wahl 2024 eine Deepfake-Wahl sein. Sie wird die Fähigkeit der Gesellschaft testen, Deepfakes zu erkennen. Die Herausforderung besteht nicht nur darin, technisch zu erkennen, ob es sich um Deepfakes handelt, sondern auch darin, die Menschen dazu zu bringen, zu glauben, dass es sich um Deepfakes handelt.

Deep Media bietet die erste öffentliche Plattform zur Erkennung von Fälschungen namens DeepID an, mit der synthetische Audio-, Video-, Text- und Bildmanipulationen entdeckt werden können.

Um zu sehen, wie gut künstliche Intelligenzen mittlerweile arbeiten, kannst du das Deepfake-Quiz vom WDR “Deepfake-Quiz: Erkennen Sie alle KI-Bilder?” ausprobieren. Auch auf Mimikama “Bilderrätsel: Echt oder KI?” kannst du dich testen.

Sharing muss Caring sein!

Wenn also Hass und Hetze, Schein statt Sein, künstliche Intelligenz und Avatare mit Persönlichkeiten die sozialen Netzwerke übernehmen, haben wir zwei Möglichkeiten:

Entweder wir halten die menschliche Intelligenz hoch und teilen menschliche Inhalte. Von Menschen für Menschen. Mit Mehrwert, Phantasie, Wissen, Lebenserfahrung und Leidenschaft. Oder wir ziehen uns konsequent zurück und überlassen den Avataren das Feld.

Ich bin der Meinung: Sharing muss Caring sein! Wir müssen die Menschlichkeit hochhalten. Denn wie bereits zitiert: Die sozialen Netzwerke wurden geschaffen, um Menschen zusammenzubringen und Wissen zu teilen.

Ich werde weiterhin Inhalte teilen, an denen ich beteiligt war. Und ich teile Inhalte, die mir gefallen, weil das für mich eine Form der Wertschätzung ist. Ich empfehle und verlinke. Damit das auch meine Gäste tun, habe ich ein paar Vorschläge aus der Threads-Diskussion mitgenommen, die ich zukünftig anwenden werde:

  • Erwartungen im Vorfeld abklären
  • Vorlagen für Social Media Posts zur Verfügung stellen
  • Link zum Beitrag senden, um das Teilen zu erleichtern
  • Bekanntgeben wann der Beitrag online geht
  • Verständnis schaffen und kommunizieren

Meine Gastartikel und Gastauftritte sammle ich auf meiner Seite “Fachartikel und Gastbeiträge”. Dort verlinke ich zu den Beiträgen, Podcastfolgen und Posts. Ich teile die Inhalte regelmäßig auf Instagram, in den Stories, auf Threads und wenn es passt, auch auf LinkedIn. Ich markiere die Gäste, Gastautoren und Gastgeber. Für mich gilt nach wie vor: Sharing is caring!

Wie siehst du das? Schreib es in die Kommentarspalte unter diesen Text oder teile es auf Social Media😉.

Weiterführende Links

Diese weiterführenden Links zeigen auf, wie wichtig es ist, Inhalte zu seinem Thema zu teilen. Dabei geht es nicht nur um die Reichweite auf Social Media, sondern auch um die Auffindbarkeit und Sichtbarkeit über die Suchmaschinen, zum eigenen Thema.

Was macht Inhalte relevant – für Suchmaschinen und Lesende?

Helpful Content Update: So wirst du als Autor sichtbarer und relevanter bei Google

Warum nur Experten Inhalte von anderen teilen

Content Curation – im Fachjournalismus mit Expertenwissen sichtbar werden

Und ein weiterer Text von Richard Gutjahr zum Thema Deepfakes: Die Geburtsstunde der Synthetic Social Networks

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Valerie Wagner Journalistin & Podcasterin
… und ich bin leidenschaftliche Podcasterin und Journalistin. Ich hoste vier Podcast-Sendungen. Zwei produziere und hoste ich selbst: Die Podcast-Reportage ist ein Interview-Podcast in dem ich mit interessanten Menschen und Experten spreche. Im Text & Podcast Podcast zeige ich dir wie du einen Podcast startest und dran bleibst. Im Format Follows Story Podcast den ich mit Heike Stiegler co-hoste, geht’s um Geschichten. Und im Die Büchestaplerinnen-Podcast spreche ich regelmäßig mit Antje Tomfohrde über Bücher. Außerdem schreibe ich journalistische Texte für Magazine und bin Mitglied im Redaktionsteam des DFJV-Podcasts.

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Kommentare

11 Antworten zu „Ist Sharing noch Caring?“

  1. Liebe Valerie,

    Sharing muss m. E. immer noch Caring sein, allerdings habe ich eine Vermutung, dass manche es auch aus Gründen des Algorithmus nicht mehr oft tun, zumindest auf LinkedIn. Und da hakt es ganz gewaltig. Die Plattformen möchten am liebsten alles intern auf der Plattform behalten, die User*innen wollen etwas anderes. Da liegt etwas im Argen, denn die Komponente des Austauschs, des Teilens macht doch gerade den Reiz all dieser Plattformen aus, nicht nur das reine Senden. Mit Senden allein bleibt es ein Produktkatalog, also sollten wir einfach alle häufiger dem Algorithmus den Mittelfinger zeigen und Teilen. Vielleicht wird er dann auch wieder angepasst. Und vielleicht sollten wir auch den Plattformen eine Chance geben, auf denen Teilen dazugehört, auch wenn die Lieblingsplattform nicht mehr existiert. Denn nur auf Blogs zu diskutieren, ist für mich nicht die Zukunft. Auf Social Media Plattformen kann die Diskussion zu einem Beitrag in einem größeren Kreis geführt werden und bringt im Idealfall auch mehr Sichtbarkeit für einen Beitrag.

    Liebe Grüße

    Antje

  2. Liebe Valerie, nachdem ich ja schon auf LinkedIn dazu einen Post verfasst habe, nun auch noch eine ausführlichere Perspektive auf meinem Blog: https://visionhochdrei.de/sharing-is-caring/

    1. Vielen Dank, liebe Beate, für deinen Kommentar. Aus deinem Artikel hat mich besonders die 5-3-2-Regel inspiriert. Die nehme ich mal mit.

  3. Das passt vermutlich zur Entwicklung, dass man nur auf den eigenen Nutzen achtet und scheinbar nicht möchte, dass jemand anders auch noch etwas davon hat. So deutlich war mir das aber bislang noch nicht aufgefallen. Aber ich freue mich, wenn ich erwähnt werde und reagiere darauf, sei es als Kommentar oder durch Teilen des Beitrags, so dass derjenige sich dann auch freut.

    1. Danke Andreas, für deine Ergänzungen! Ich freue mich über deinen Kommentar und übers Teilen.

  4. Auf meinem Blog verlinke ich, einmal im Monat extra meine liebsten gelesenen Blogartikel.
    Auch wenn ich nicht drin vorkomme.
    Für mich ist das eine schöne und wichtige Geste.
    Deep-Fake ist ein schwieriges Feld und es nimmt Menschlichkeit.
    Darum müssen wir menschlich bleiben und dazu gehört auch Sharing is caring.
    Liebe Grüße
    Nicole

    1. Liebe Nicole,

      das ist auch eine schöne Idee! Ich verlinke direkt in meinen Blogartikeln, wenn ein Text zu meinem Thema passt. Und vieles was ich lese, teile ich auf Social Media. Was ich auch nutze, ist die Blogroll. Darin verlinke ich ganze Seiten.

      Schönen Sonntag!
      Valerie

    2. Sharing sollte nicht von Gegenleistungen, Wochentagen oder irgendwelchen Challenges abhängig gemacht werden. Sharing ist als ehrliches (!) Weiterempfehlen gedacht, weil man einen Beitrag gut findet und möchte, dass noch mehr Menschen ihn zu sehen bekommen und sich damit auseinandersetzen, um ein Gespräch darüber weiter zu führen. So ergeben sich die Vernetzungen ganz organisch. Das geht nur vielen nicht schnell oder vorhersehbar genug…

      1. Ich finde, wenn man an einem Beitrag beteiligt war, sollte man es auch teilen. Sonst ist das ziemlich schräg in einer Podcastfolge mitzumachen, aber den dann nicht zu teilen. Oder einen Gastbeitrag zu schreiben und es dann auch nicht zu teilen. Das wirkt auf mich so, dass man nicht hinter seinem Tun, Schreiben, Reden steht. Darum ging es mir. Das Beiträge nur geteilt werden wenn jemand sie gut findet, klar. Ich habe den Eindruck, das an das Teilen von Beiträgen gar nicht gedacht wird.

        1. Richtig, da sind wir völlig einer Meinung.

          Ich bezog mich auf das Sharing rein wegen des Sharings an sich und nicht wegen der Inhalte oder dem eigenen Bezug. Da gjbt es da draußen immer mehr merkwürdige “Challenges”… Vielleicht kommen heutige “Blogger” ohne sowas gar nicht mehr darauf, etwas weiterzusagen? Ich beobachte immer wieder solche merkwürdigen Entwicklungen…

          1. Klar, es muss schon passen und inhaltlich was hergeben. Die merkwürdigen Challenges, die meistens nur dem Veranstalter was bringen, nehme ich bisher nur auf Social Media wahr. Eine Verlinkung in einem Artikel oder in einer Blogroll oder Blogparade dagegen, sehe ich immer weniger. Das finde ich extrem schade. In meinem Ausgangsartikel ging es um das Teilen von gemeinsam produzierten Inhalten. Auch das fällt offenbar immer mehr Leuten schwer. Und das ist durchaus eine merkwürdige Entwicklung.

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