Zuletzt aktualisiert am 07/07/2024 von Valerie Wagner
Guter Ton ist nicht nur in der zwischenmenschlichen Kommunikation wichtig, sondern auch für die Ohren. Dabei spielt Schall eine Rolle. Das kann man an großen Bahnhöfen – München, Zürich, Köln usw. – gut beobachten. Die Ansagen sind kaum verständlich und verursachen immer ein Grundrauschen im Ohr. Durch die Architektur, hohe Wände und glatte Oberflächen, schallt jeder Ton in der Bahnhofshalle zurück und bricht sich erneut. Ein unangenehmer Geräuschpegel entsteht. Ich bin froh, wenn ich in meinen Zug steigen kann und dort einen Sitzplatz im Ruhebereich finde.
Ähnliches lässt sich in Hotels und Restaurants feststellen. Das Design hat sich geändert, denn heute gilt Minimalismus als stylisch und schick. Sehr zum Leitwesen der Ohren. Wo früher noch Vorhänge aus Molton-Stoff hingen, gibt es heute Plissees oder gar keinen Fensterschmuck. In Restaurants in denen früher Decken über einen mit Molton bezogenen Tisch gelegt wurden, zieren heute höchstens Tischsets die Tafel. Das Ergebnis: Immer mehr glatte Oberflächen an denen Schall abprallt und als Brummen, Summen oder Rauschen im Ohr ankommt. Das ist unangenehm und an solch einem Ort möchte man nicht länger sitzen als nötig.
Guter Ton ist wesentlich für gute Podcasts. Wenn der Ton nicht stimmt, es zischt und knirscht, die Gesprächspartner klingen als hätten sie in eine Blechbüchse gesprochen, hört sich das niemand an. Das Ergebnis: Die Hörer:innen brechen ab.
Die Grundlage für angenehme Akustik im Podcast legt man bereits bei der Aufnahme. Einiges kann man im Schnitt „retten“. Schlecht aufgenommene Gespräche mit massiven Hintergrundgeräuschen oder übersteuerter Sprache sollten besser neu aufgenommen werden.
Das Smartphone reicht fürs Podcasten nicht!
Einige Podcaster behaupten, ein Smartphone, dass über ein integriertes Mikrofon und eine Aufnahme-App verfügt, wie beispielsweise die Sprachmemo-App beim iPhone, würde fürs Podcasten ausreichen. Da muss ich vehement widersprechen!
Die eingebauten Smartphone-Mikrofone können weniger als professionelle Geräte und dienen allenfalls zum Telefonieren, für persönliche Aufnahmen, die niemand anderes hört oder für Sprachbefehle. Aber nicht für das Podcasten. Der Grund liegt in den verbauten Mikrofonen mit Kugelcharakteristik – und die nehmen Schall von allen Seiten gleich laut auf.
Mobiles Podcasten mit externen Mikrofonen
Diese Richtcharakteristik ist zum Beispiel in Ansteckmikrophonen verbaut. Deshalb ist es empfehlenswert sie in ruhigen Kulissen zu verwenden, sonst sind Hintergrundgeräusche zu hören. Der Vorteil liegt gerade beim Ansteckmikrophon darin, dass der Sprecher nicht direkt hineinsprechen muss und sich freier bewegen kann.
Mit dem richtigen Mikrofon, zum Beispiel dem Røde Lavalier im Set, lassen sich wunderbar Podcastgespräche aufnehmen. Passend dazu gibt es für iOS und Android die Røde Reporter App. Damit wird das Smartphone zum mobilen Aufnahmestudio. Zwei Nachteile hat dieses Setup: die Bewegungsfreiheit ist durch die Kabelverbindung eingeschränkt und es können nur zwei Personen aufgenommen werden.
Die Krux mit dem Kabel kann man mit einer Funkstrecke umgehen. Das Røde Wireless Go II verfügt über zwei Sender und einen Empfänger. Der Empfänger wird mit einem USB-C auf Lightning Flachbandkabel, in diesem Fall an ein iPhone, angeschlossen. Die Einstellungen für Sender und Empfänger nimmt man in der Røde Central App auf dem Desktop vor.
Ein mobiles Handmikrofon erhält man, wenn man das MV88 von Shure nutzt. Das handliche Kondensatormikrofon passt in jede Hand- und Hosentasche. Gespräche oder Atmosphäre kann man damit über die MOTIV Audio App aufnehmen. Es ist auch für Videoaufnahmen oder Instagram Stories geeignet. Denn guten Ton braucht man für Audio und Video!
Das Mikrofon im Smartphone reicht für mobiles Podcasting nicht aus. Mit Lavalier oder Funkstrecke lassen sich auch unterwegs gute Töne einfangen. Durch die Kugelcharakteristik werden Hintergrundgeräusche mitaufgenommen. Das macht das mobile Podcasten aus und bringt Atmosphäre in die Aufnahme. Wer lieber trockene Töne bevorzugt, sollte im Studio aufnehmen und mit Mischpult sowie professioneller Schnitt-Software arbeiten.
Im Studio geht’s an die Niere!
Ein Mikrofon mit Nierencharakteristik hört zu. Damit ist es möglich die Sprache „trocken“ und „nah“ aufzunehmen. Das Mikrofon nimmt Sprache von vorne lauter auf, als von der Seite und ist am unempfindlichsten für Schall von hinten. Perfekt für Podcastaufnahmen im Studio.
Mit der richtigen Software den Podcast remote aufnehmen
Für Remote-Aufnahmen gibt es einige Tools, die in den letzten Jahren mächtig aufgerüstet haben. Über Zoom oder Zencastr können sich Gesprächspartner verbinden und direkt auf der Plattform aufnehmen. Damit ist der Aufnahmeprozess abgedeckt. Doch die Tonspuren – ich empfehle getrennte Spuren aufzunehmen, also Mono – werden im Account gespeichert und können von dort heruntergeladen werden. Nach dem Download können sie in das Schnittprogramm geladen und dort bearbeitet werden. Ein zeitaufwändiger Produktionsablauf.
Deshalb habe ich mich 2018 für den Einsatz von Ultraschall entschieden. Entwickelt wurde die Allround-Software von einem Teil der deutschen Podcast-Szene. Als Basis dient die Digital-Audio-Workstation-Software namens Reaper. „Ästhetisch und in Teilen funktional ist Reaper in der Windows-Welt verankert. Eine mittlere Zumutung“, sagen die Macher von Ultraschall. „Mit Podlove und Auphonic wurden uns Produzierenden von Podcasts mächtige Werkzeuge an die Hand gegeben. Was jedoch fehlte, war eine für Podcasts optimierte Umgebung für Aufnahme und Produktion der eigentlichen Podcasts.“ Ultraschall ist eine Software mit der sich eine Folge von A bis Z produzieren lässt. Wer sie in Aktion erleben will, schaut sich am Besten mal die Videos an.
Mit dem Plugin Studiolink für Ultraschall lassen sich Gäste einfach und unkompliziert über das Internet in die Aufnahme holen. Für Podcasts spielt es keine Rolle, dass man sich über die Software nur hört, denn es geht um Audio. Zudem spart das Bandbreite und ermöglicht eine stabile Verbindung. Ein weiterer Vorteil gegenüber Zoom & Co.
Gute Raumakustik = guter Podcast!
„Der Hörsinn ist von allen fünf Sinnen der differenzierteste Sinn. Er ist sensibler, genauer und auch leistungsfähiger als das Auge. (…) Das Gehör ist direkt verbunden mit Stimmungen. Entsprechend emotional gefärbt ist das Hören für die meisten Menschen. Akustische Reize haben beim Empfänger eine starke emotionale und dadurch verhaltensbestimmende Wirkung.“ schreibt das Institut für multisensorische Markenbildung.
Menschen treffen Entscheidungen nach Gefühl. Auch wenn viele behaupten, sie würden sich rein rational entscheiden, trifft das nicht zu. Das Gehirn ist immer auf der Suche nach positiven Gefühlen.
„Zwar kann der Verstand die Gefühle in gewissem Maße kontrollieren, in der Realität steuern aber meist Gefühle das Handeln, auch wenn dem Menschen dies gar nicht bewusst wird.“ – Verstand gegen Gefühl, dasgehirn.info
Essen im Restaurant ist für viele nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern ein gesellschaftliches Ereignis. Letzteres ist unter anderem ein Grund, dass wir ins Restaurant gehen. Der andere Grund ist Hunger. Deshalb ist das Esszimmer oder die Küche auch der Ort zuhause an dem am meisten gesprochen wird. Die Ohren haben, wie oben beschrieben, einen großen Einfluss darauf, ob wir uns wohlfühlen.
Neben dem Mikrofon spielt auch der Raum in dem der Podcast aufgenommen wird eine große Rolle. Larissa Vassilian schreibt in ihrem Buch „Podcasting! Von erfahrenen Podcastern lernen“ (*Affiliate-Link) wie sie ihr Tonstudio für ihren Podcast „Schlaflos in München“ (nicht mehr verfügbar) in den Kleiderschrank verlegt hat. Manche Podcaster gehen soweit, dass sie sich im Hotelzimmer unter die Bettdecke setzen.
Im heimischen Tonstudio reicht bei professionellem Equipment, wie oben beschrieben, ein offenes Bücherregal, das den Schall abfängt. Tonstudios sind oft mit sogenannten Noppen-Schaumstoffabsorber ausgestattet. Für mein Arbeitszimmer habe ich ein mobiles Tonstudio gebastelt. Dazu habe ich eine spanische Wand mit drei Teilen mit Schaumstoff beklebt und schirme das Mikrofon mit Schaumstoff auf Karton ab (vgl. Bild oben). Das Ergebnis ist ein trockener Ton, fast in Studioqualität. Und nach der Aufnahme kann ich es verstauen und das Studio verwandelt sich zurück in ein Büro.
Es gibt auch andere und flexible Lösungen für optimale Raumakustik: Ein Akustikbild. Ich habe ein solches Bild im Esszimmer und der Unterschied zu vorher ist unglaublich. Vor einiger Zeit habe ich dazu ein kurzes Interview mit Albrecht Aspacher von Aspa-Tec GmbH geführt.
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Was ist SONOFRAME und wie funktioniert das Akustikbild?
SONOFRAME hat einen Breitband-Absorber aus Glas-Recycling-Material. Dieses Material wurde mit dem Umweltzeichen «Blauer Engel» ausgezeichnet. Das Material ist druckfest, formstabil und nicht brennbar.
Breitband-Absorber sind akustische Bauelemente, die vor allem dem Lärmschutz dienen. Sie absorbieren Schall in einem breiten Frequenzspektrum von z. B. 300 Hertz bis 5 Kilohertz mit einem Absorptionsgrad α > 85 %.
Sie werden u. a. in Großraumbüros, Restaurants, Foyers, Tonstudios usw. eingesetzt. Durch ihr breitbandiges Absorptionsverhalten sind sie in der Lage, im wichtigen Frequenzbereich der menschlichen Sprache (300 Hz bis 4 kHz) effektiv zu absorbieren und Reflexionen zu vermeiden. Damit kann die Sprachverständlichkeit in Räumlichkeiten effizient verbessert werden. – Quelle: Wikipedia
Wie flexibel ist das Akustikbild?
Es sind Seitenlängen von 40 bis 300 cm möglich. Die Bespannung ist aus textilem Material und wird mit einem digitalen HD-Druck gefertigt. Durch die freie Motivwahl ist SONOFRAME besonders flexibel. Die Bespannung kann ausgetauscht oder gewaschen werden. Das dürfte gerade für Hotels und Restaurants interessant sein, da so auch die Hygiene gewährleistet ist.
Über den Gesprächsparnter:
Albrecht Aspacher ist seit vielen Jahren in der Baubranche verankert und hat viel Erfahrung mit Bauen, Bauabläufen und den Anforderungen von Baustellen. In den letzten 12 Jahren hat er sich sehr stark mit Raumakustik und Schallschutz im Hochbau beschäftigt. Dazu gehören auch die wirksamen Produkte und Systeme zur Nachhallsteuerung in den unterschiedlichsten Räumen sowie Trockenbau-Systeme für den Schall- und Brandschutz.
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Warum es auf guten Ton ankommt
Akustik und Tonqualität lassen sich durch die oben genannte Beispiele positiv beeinflussen. Mein Appell: Mehr Podcasts mit gutem Ton, denn schlechter Ton ist schlechter Stil. Wer mit Podcasts Geschichten erzählen will und möchte, dass die Inhalte gehört werden, kommt nicht drum herum, sich mit Audioqualität zu beschäftigen.
Weiterführende Links und Leseempfehlungen
Mikrofon kaufen: Tipps die du 2022 besser vor dem Kauf kennst – Mikrofonwelt.de
„Unerhörte Hotels: Eine Initiative zur Verbesserung der Akustik in Hotels und Restaurants“ – fraunhofer.de
Gehör – akustika.ch
Auditive Wahrnehmung – wikipedia.de
„Die Wissenschaft des Hörens | Laurel vs. Yanny“ – maiLab auf YouTube
„Wie Stimmfrequenzen die Sprachverständlichkeit beeinflussen“ – DPA Microphones auf YouTube
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