Text & Podcast

by Valerie Wagner

Digitaler Reisejournalismus Mehr als Blog und Social Media (Foto: Valerie Wagner | canva.com)

Digitaler Reisejournalismus: Mehr als Blog und Social Media

Bei der Frage nach Print oder Online gerate ich in Verlegenheit, wie bei der Frage nach digital oder analog. Heutzutage ist es eher ein Sowohl-als-auch. Klar ist, dass Online viel mehr Möglichkeiten bietet als Print. Die Geschichten lassen sich vielfältig erzählen: Text, Bild, Video oder Audio – online ist vielseitiger, dynamischer und erreicht potenziell mehr Menschen. Dennoch wird Printjournalismus, also Texte in Zeitungen oder Fachmagazinen, mehr wertgeschätzt. Zumindest scheint das oft so zu sein. Das ist erstaunlich, denn die gedruckte Berichterstattung hinkt zeitlich hinterher und wird zur Nachberichterstattung.

In meinem 2022 eingestellten und inzwischen offline genommenen Podcast  „Hotel-O-Motion on Air“  habe ich mich am 14. November 2021 mit der der Hamburger Reisejournalistin Charis Stank unterhalten. Das Gespräch bietet Einblicke in den Reisejournalismus, die ich gerne weiterhin teilen möchte. Deshalb habe ich die Folge transkribiert und zusammengefasst.

Als Reisejournalistin berichtet Charis überwiegend über die Alpenregionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie nutzt digitale Kanäle wie Instagram, um ihre Reisen zu begleiten und sich nach der Rückkehr an die Erlebnisse zu erinnern, die sie dann aufschreibt. Ihre Erlebnisse publiziert regelmäßig in ihrem Online-Magazin „Schönste Zeit“.

Reisejournalistin Charis Stank berichtet im Schönste Zeit Magazin

Charis Stank, freie Reisejournalistin, Schönste Zeit Magazin
Charis Stank, freie Reisejournalistin, Schönste Zeit Magazin

Charis liebt die Berge, Architektur und gutes Essen. Ihre Wahlheimat Hamburg verlässt die freie Journalistin so oft es geht für Reisen in die Alpen. Im Schönste Zeit Magazin zeigt sie die Alpentäler und -gipfel von ihrer aufregendsten Seite. Hotels, Restaurants, Museen, Veranstaltungen, Wanderungen, Rezepte, Buchrezensionen: immer wieder gibt es Neues zu entdecken. Du findest Charis außerdem auf: Facebook, Instagram, BlueSky und Pinterest.

Wer bist du und was machst du?

Charis: Ich lebe als selbständige Reisejournalistin in Hamburg und habe mich ganz dem Alpenraum verschrieben. Das hat viel mit meiner eigenen Reiselust und meinen Interessen zu tun. Ich liebe die Berge und habe meine Passion zum Beruf gemacht, um jederzeit in die Berge reisen zu können und darüber zu berichten. Ich versuche, andere für die Besonderheiten der Region, für Projekte und Menschen, die dort leben, zu begeistern. Fast alles, was ich schreibe, veröffentliche ich im Schönste Zeit Magazin, und gelegentlich auf anderen Kanälen.

Wie bist du zum Reisejournalismus gekommen?

Charis: Ich habe nicht den klassischen Weg gewählt. Die meisten beginnen mit einem Studium und wählen dann eine Fachrichtung. Mein Weg begann als Modedesignerin und über Umwege bin ich zum Schreiben gekommen. Erst danach habe ich Journalismus studiert. Jetzt bin ich dort angelangt, wo ich immer hinwollte.

Was unterscheidet deiner Meinung nach Reisejournalisten von Reisebloggern?

Charis: Das ist schwer zu sagen. Grundsätzlich gibt es keinen großen Unterschied, wenn man es professionell macht. Man reist in eine Region, recherchiert und berichtet unabhängig. Der Unterschied liegt oft in der Präsentation: Reiseblogger treten stärker als Influencer auf und nutzen Bilder und persönliche Erlebnisse. Reisejournalisten schreiben oft objektiver und verzichten auf die Ich-Form.

Wie stehst du zur Rolle von Journalisten und Content-Erstellern in Bezug auf Authentizität, Werbung und Monetarisierung?

Charis: Beide müssen auch wirtschaftlich denken. Ich sehe keine strikte Trennung zwischen Journalisten und anderen Content-Erstellern. Was ich nicht mag, sind überladene Blogs mit Werbung. Meine Seite ist weitestgehend werbefrei, aber ich habe nichts gegen thematisch passende Werbung. Testberichte finde ich problematisch, wenn sie übermäßig lobend sind, nur um Produkte zu verkaufen. Für mich ist Authentizität das Wichtigste.

Wie entscheidest du, welche Reiseziele du auswählst, und wie gehst du mit negativen Erfahrungen auf Reisen um?

Charis: Ich wähle meine Reiseziele sorgfältig aus. Sie müssen zu mir, meinen Lesern und meiner Seite passen. Wenn ich das Gefühl habe, dass eine Destination nicht meinen Vorstellungen entspricht, würde ich sie nicht besuchen. Ich schreibe keine negativen Verrisse, sondern vermittle Kritik subtil. Jeder sollte seine eigenen Erfahrungen machen, und ich finde, man muss negative Erfahrungen nicht immer im Detail aufschreiben.

Wie bewahrst du als Journalist Transparenz und Unabhängigkeit, und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Hoteliers und PR-Agenturen?

Charis: Ich bemühe mich durchgehend um Transparenz. Bei der Vorbereitung einer Reise überlege ich, mit wem ich kooperiere und was von mir erwartet wird. Ich kommuniziere offen, wenn ich eingeladen wurde. Viele Hoteliers arbeiten mit PR-Agenturen, die Reisen organisieren. Solche Treffen bieten eine gute Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen und zu recherchieren.

Von der klassischen Berichterstattung zum digitalen Reisejournalismus

Der klassische Reisejournalismus definierte sich traditionell über gedruckte Magazine und Zeitungen. Reisejournalisten bereisten fremde Länder, um für Printmedien zu schreiben. Sie lieferten detaillierte, sorgfältig recherchierte Berichte über Destinationen, Kulturen und Ereignisse. Doch das digitale Zeitalter hat dies grundlegend verändert.

Heute beeinflussen zahlreiche neue Plattformen und Kanäle den Reisejournalismus, von persönlichen Reiseblogs bis hin zu Instagram und anderen sozialen Medien. Charis betont diesen Wandel: „Wenn man es professionell macht, dürfte es eigentlich keinen Unterschied geben“, sagt sie über den Vergleich zwischen Reiseblogs und journalistischer Arbeit. In beiden Fällen wird recherchiert und berichtet – der Unterschied liegt in der Herangehensweise und oft in der Art des Schreibens.

Die Unterschiede zwischen Reisejournalismus und Reiseblogs

Ein entscheidendes Merkmal ist die Wahl der Perspektive. Reiseblogs berichten gern in der Ich-Form und stellen persönliche Erlebnisse in den Vordergrund. Diese Personalisierung wirkt oft authentisch und schafft Nähe.

Die vermittelten Gefühle, die vermeintliche Nähe zum Geschehen wird vom Marketing gern für Werbezwecke genutzt. Destinationen oder Hotels kooperieren daher gern mit Reiseblogs, um Reiseziele positiv darzustellen und so indirekt Werbung zu machen. Dabei bleibt die Unabhängigkeit, die im klassischen Journalismus hochgehalten wird (bzw. wurde), oft auf der Strecke. Kritische Berichte über negative Aspekte einer Reise sind selten auf Blogs zu finden.

Interessant ist auch ein Blick auf den Einsatz von Werbung. Reiseblogs sind oft mit zahlreichen Affiliate-Links und Werbebannern ausgestattet, um Einnahmen zu generieren. Dies sieht Charis kritisch. „Ich habe nichts dagegen, wenn jemand einen Affiliate-Link einsetzt, aber er sollte thematisch passen und nicht stören“, erklärt sie. In ihrem Online-Magazin „Schönste Zeit Magazin“ verzichtet sie bewusst auf störende Werbung, um den Lesefluss nicht zu unterbrechen.

Die Rolle der sozialen Medien im Reisejournalismus

Mit dem Aufkommen von Instagram, Pinterest und anderen Plattformen haben sich neue Möglichkeiten im Reisejournalismus eröffnet. Soziale Medien bieten die Chance, Reisen visuell und interaktiv zu dokumentieren. Charis nutzt Instagram aktiv, um ihre Reisen zu begleiten und mit ihrer Community in Kontakt zu treten. Sie beschreibt, wie wichtig es ist, den Menschen nicht nur durch Texte, sondern auch durch Bilder und Videos die Schönheit der bereisten Orte zu vermitteln.

Besonders die Instagram-Stories bieten die Möglichkeit, schnell und unkompliziert aktuelle Erlebnisse zu teilen. „Für mich ist das wie ein Tagebuch“, sagt Charis. Sie nutzt die Plattform, um spontan Erlebnisse zu teilen, und fasst ihre Reisen oft in Highlights zusammen, sodass sie für ihre Follower jederzeit abrufbar sind. Diese unmittelbare Form des Erzählens und Teilens, die direkt vor Ort stattfinden kann, unterscheidet sich deutlich vom traditionellen Reisejournalismus, bei dem Berichte meist erst nach der Reise verfasst und veröffentlicht werden.

Doch so wertvoll Social Media auch ist, betont Charis, dass es die eigene Website nicht ersetzen kann. „Die Webseite ist meine Homebase“, erklärt sie. Während soziale Medien schnelllebiger sind und Inhalte oft nur für kurze Zeit sichtbar bleiben, dient die eigene Website als langfristige Plattform, auf der tiefere Informationen und sorgfältig recherchierte Artikel zu finden sind. Die beiden Plattformen – Social Media und eigene Website – ergänzen sich perfekt.

Die Herausforderungen im digitalen Reisejournalismus

Während digitale Kanäle wie Blogs und Social Media neue Möglichkeiten bieten, bringt der digitale Reisejournalismus auch Herausforderungen mit sich. Eine der größten Schwierigkeiten ist es, unabhängig zu bleiben. Das Problem der Abhängigkeit von Werbekunden oder Kooperationspartnern ist im digitalen Raum noch präsenter als im klassischen Journalismus.

Viele Destinationen und Hotels arbeiten heute mit PR-Agenturen zusammen, die gezielt Reisen für Journalist:innen und Blogger:innen organisieren, um so für ihre Region zu werben. Dabei besteht die Gefahr, dass der Journalist oder die Journalistin in seiner Berichterstattung beeinflusst wird, wenn er beispielsweise kostenlos untergebracht wird oder andere Vergünstigungen erhält. „Wichtig ist, dass man den Lesern gegenüber transparent bleibt und offenlegt, wenn man eingeladen wurde“, betont Charis.

In der durch die Digitalisierung immer größer werdenden Flut von Bildern und Inhalten wird es für Blogs und Magazine immer schwieriger, sich abzuheben und Aufmerksamkeit zu erregen.  Charis sieht jedoch auch darin eine Chance. Artikel, die online veröffentlicht wurden, können Jahre später noch abgerufen werden. Sie hebt hervor, wie wichtig es deshalb sei, qualitativ hochwertige Inhalte zu produzieren, die langfristig bestehen können.

Die perfekte Pressereise – Ein Balanceakt zwischen Freiheit und Planung

Pressereisen sind im Reisejournalismus ein zentrales Element, um Destinationen kennenzulernen und darüber zu berichten. Für Charis ist die perfekte Pressereise eine individuelle Reise. Sie erklärt, dass es ihr besonders wichtig sei, genügend Freiraum zu haben, um die Region auf eigene Faust zu erkunden und sich ein authentisches Bild zu machen. „Wenn ich nur zwei Tage für eine Pressereise habe, und diese sind von morgens bis abends durchgetaktet, dann habe ich kaum die Möglichkeit, das Flair der Region richtig aufzunehmen“, erklärt sie. Für eine überzeugende Berichterstattung braucht sie die Freiheit, die Destination auch abseits der geplanten Aktivitäten kennenzulernen.

Gruppenreisen oder rein organisierte Programme sind ihrer Meinung nach weniger geeignet, um tiefgehende Recherchen anzustellen. Auch die Möglichkeit, mit Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen und Interviewpartner zu finden, sei auf individuellen Pressereisen besser gegeben.

Reisejournalismus im digitalen Zeitalter

Der Reisejournalismus hat sich durch die Digitalisierung stark verändert, doch die Grundprinzipien – sorgfältige Recherche, authentische Berichterstattung und eine fundierte Ausbildung – bleiben bestehen. Wegweisend sind die Professionalität und die Herangehensweise der Journalist:innen und Blogger:innen.

Für alle, Blogger:innen und Journalist:innen, ist es wichtig, deutlich sichtbar zwischen Marketing und unabhängiger Berichterstattung zu unterscheiden. Charis zeigt, dass es möglich ist, trotz der Herausforderungen der modernen Medienlandschaft authentisch zu bleiben und qualitativ hochwertigen Content zu liefern, der nicht nur unterhält, sondern auch informiert.

Im digitalen Zeitalter geht es also nicht darum, ob eine klassisch recherchierte Reisereportage mehr wert ist als ein persönlicher Einblick in das Reiseleben eines Bloggers oder einer Bloggerin. Viel entscheidender ist es, alle verfügbaren Formate so zu kombinieren, dass die ursprüngliche Idee des Reisejournalismus erhalten bleibt: Fernweh zu wecken und Reiselust zu schüren.

Mehr davon? Abonniere meinen Newsletter, das Text & Podcast Magazin, und erhalte alle 2 Wochen eine Mail mit neuen Artikeln.

Du bleibst auf dem Laufenden und erhältst neue Beiträge in dein Postfach.

Über die Autorin

Folge mir auf:


Kommentare

2 Antworten zu „Digitaler Reisejournalismus: Mehr als Blog und Social Media“

  1. Liebe Valerie,

    Podcasts sind ein Medium, um das ich bisher immer einen Bogen gemacht habe, weil ich selber so selten Zeit finde, sie zuhören. Umso spannender fand ich Deine Einladung und die Möglichkeit es neu für mich zu entdecken.
    Es hat wirklich viel Spaß gemacht.
    Danke für die professionelle Einführung und Umsetzung.

    Ich wünsche Dir noch viele nette und interessante Podcast-Partner*innen und komme selber gewiss auch sehr gern wieder!

    Charis

    1. Liebe Charis,

      vielen Dank, dass du zu Gast warst und deine Gedanken zu digitalem Reisejournalismus mit mir und den Hörer:innen geteilt hast. Es war mir eine große Freude! Ich hätte noch viel länger mit dir sprechen können, denn wie schon erwähnt, über (Reise-) Journalismus kann man viel erzählen. Ich lade dich gerne wieder ein! Oder wer weiß, vielleicht gibt es das Schönste Zeit Magazin ja auch mal zum Hören…😉

      Grüße
      Valerie

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch diese Website einverstanden.