Mit den Schneeschuhen vorbei am Berggasthof Piz Buin und dem Silvretta-Stausee hinauf zur Bielerspitze. (Foto: Valerie Wagner)

Kurztripp ins Montafon

Frisch geschliffene Ski kratzen über die eisige Piste. Schwung für Schwung. So hört es sich an. Unter meinen Schneeschuhen türmte sich der Schnee schon zum Lawinenbrett. Und wenn ich jetzt nicht gleich anhalte, wird die Klippe vor mir zur Sprungschanze. Ein falscher Tritt, ich verlor den Halt und rutsche mittlerweile 15 Meter den Hang hinunter. 20 Meter. „Brems!“ schreit mein Mann von oben.  25 Meter. „Halt an!“ Wie, verdammt!, denke ich. Meine Arme sind ausgebreitet, als wollte ich einen Schneeengel formen. Meine Knie angewinkelt und die Beine zur Seite geklappt. Im Damensitz in den Tod, denke ich und versuche meine Füße, die in Wanderstiefeln stecken und an klobigen Schneeschuhen befestigt sind, in den Schnee zu stoßen. 30 Meter. Scheiße. Doch ich werde langsamer und halte schließlich an. Endlich. Ich hole Luft, bleibe kurzatmig. Die ganze Schlitterpartie hatte ich den Atem angehalten. Ich bewege mich nicht. Sitze wie auf rohen Eiern. Eine falsche Bewegung und ich könnte weiterrutschen. Ich zittere. Ein tiefes Schluchzen. Ich sitze irgendwo zwischen dem Gasthof Piz Buin und der Bielerspitze und heule wie damals im Zeltlager, als ich unendlich Heimweh hatte.

Tagesausflüge im Montafon

Wir haben spontan beschlossen wegzufahren. Im Sommer waren wir schon im Paznauntal, über den Silvrettapass rüber. Zum Wandern. Schon seit einer Weile fahren wir kein Alpinski mehr. Wir wandern lieber über Stock und Stein, im Wald und auf felsigen Gipfeln. Die Skigebiete leiden unter Schneearmut, doch weit oben in höheren Lagen liegt Schnee und wir haben uns für eine Schneeschuhwanderung entschieden.

Mit der Vermuntbahn hinauf nach Trominier und von dort mit dem Bus durch die Tunnel vorbei am Vermuntstausee. Von dort über eine kurze, und für den Pendelverkehr geräumte, Passstraße zum Silvrettastausee. Unterhalb des Gasthofs Piz Buin steigen wir aus und machen uns auf den Weg zur Bielerspitze. Die wir nicht erreichen, wie eingangs schon erwähnt.

Blick Richtung Tal Foto Valerie Wagner
Silvretta Stausee Foto Valerie Wagner

Mit dem Tunnelbus zum Silvrettastausee

Ich muss um Verzeihung bitten. Auch wenn es die Betroffenen nicht gehört haben, als ich im Bus meinte, das sei doch nur Geldmacherei mit diesem Tunnelbus. Der Tunnel hat eine Geschichte. Natürlich.

Die Infrastruktur wurde von der Energiewirtschaft geschaffen. Das Vermuntwerk ist die erste Kraftwerksanlage der Illwerke und ging 1930 in Betrieb. Es liegt in Partenen im Tal Montafon. Es nutzt die Gefällstufe zwischem dem Vermuntsee auf 1 743 Meter Höhe bis Partenen und verfügt mit den heutigen fünf Maschinengruppen über eine Engpassleistung im Turbinenbetrieb von 157 Megawatt1Zum Vergleich: Laut einem Artikel der Wirtschaftswoche, erzeugt Berlin 157 Megawatt Strom mit Photovoltaik. Quelle: Wirtschaftswoche. Die Illwerke sind heute Vorarlbergs größter Energiedienstleister2Quelle: illwerkevkw.at.

Durch einen 950 Meter langen Bergstollen wurde damals das Material für den Bau des Silvretta-Stausees transportiert. Seit 1959 ist es eine touristische Attraktion und macht die Bielerhöhe auch im Winter für Touristen erreichbar.

Erhalten wurde auch die Wartungstreppe entlang des einstigen Lifttrasse. Mit ihren gut 4000 Stufen wird sie mittlerweile als «Europas längste Treppe» beworben und für sportliche Wettkämpfe genutzt.

4000 Stufen abwärts, das gab einen Höllenmuskelkater am nächsten Tag. Rechts unsere Unterkunft für zwei Nächte. (Foto: Valerie Wagner)
4000 Stufen abwärts das gab einen Höllenmuskelkater am nächsten Tag Rechts unsere Unterkunft das Hotel Adler in St Gallenkirch für zwei Nächte Foto Valerie Wagner

Vom Kristberg auf das Muttjöchle

Am zweiten Tag und vom Schreck erholt ging es nach dem Frühstück los ins Silbertal. Mit der Silbertalbahn fahren wir auf den Kristberg, um von dort auf das Muttjöchle (2 074 m) zu wandern. Meine Muskeln sind noch verkatert von der Europatreppe von gestern und so richtig rund laufen sie erst nach ungefähr 30 Minuten. Ich bin warm geworden. Die Strecke hat es in sich. Ein Waldweg mit Wurzeln und Steinen führt hinauf und schlängelt sich Richtung Gipfel. Bisher frei von Schnee, vereist der Weg zunehmend, nach den ersten Höhenmetern. Zack! Da ist sie wieder, die Angst von gestern. Ich wandere immer mit Teleskopstöcken und bin dankbar, dass ich sie auch heute dabei habe. Einige eisige Stücke kann ich umgehen und stapfe im Schnee am Wegesrand weiter nach oben. Eine längere Passage geht durch den Muttwald. Dann spuckt uns der Weg auf einer Lichtung nach der Baumgrenze 3Quelle: Wikipedia Wald- und Baumgrenze  aus und bietet einen sagenhaften Ausblick auf die Bergmassive um uns herum. Unsere Freude auf den Gipfel wird immer größer – und belohnt.

Ein Kurztrip ins Montafon lohnt sich und die zwei Touren empfehle ich allen Aktivurlaubern.

Weiterführende Links

Mehr Infos zur Silvretta und Bielerhöhe

Mehr Infos zum Kristberg im Montafon

Und auf wanderdoerfer.at gibt es die Tourenbeschreibung vom Kristberg zum Muttjöchle

[yellow_box] Wir waren bereits im Januar im Montafon und dieser Artikel sollte schon lange online gehen. Leider kam das Leben dazwischen 😉 Warst du schon wandern im Montafon? Wo sollte ich unbedingt mal hin? Schreibs mir in die Kommentarspalte unter diesem Beitrag.[/yellow_box]

Quellenangaben

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Valerie Wagner Journalistin & Podcasterin
… und ich bin leidenschaftliche Podcasterin und Journalistin. Ich hoste vier Podcast-Sendungen. Zwei produziere und hoste ich selbst: Die Podcast-Reportage ist ein Interview-Podcast in dem ich mit interessanten Menschen und Experten spreche. Im Text & Podcast Podcast zeige ich dir wie du einen Podcast startest und dran bleibst. Im Format Follows Story Podcast den ich mit Heike Stiegler co-hoste, geht’s um Geschichten. Und im Die Büchestaplerinnen-Podcast spreche ich regelmäßig mit Antje Tomfohrde über Bücher. Außerdem schreibe ich journalistische Texte für Magazine und bin Mitglied im Redaktionsteam des DFJV-Podcasts.

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