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by Valerie Wagner

Warum ich Video-Podcasts für überflüssig halte (canva.com)

Warum ich Video-Podcasts für überflüssig halte

Der Hype um Video-Podcasts ist für mich nicht nachvollziehbar. Podcasts faszinieren durch ihre rein auditive Natur. Doch nun bläht man sie mit visuellen Elementen auf, deren Nutzen fraglich ist. Plattformen wie Spotify preisen Video-Podcasts als Innovation an, doch der Produktionsaufwand steigt, während der Nutzen für Hörer:innen gering bleibt.

Spotify redet die Zahlen schön, denn gerade mal 300.000 Video-Podcasts sind auf der Plattform aktivdas sind nur 5 % aller auf Spotify angebotenen Podcasts. Lange Zeit erlaubte Spotify nur Podcaster:innen, die auf der Plattform hosten, Video-Podcasts hochzuladen. Das hat Spotify 2024 angepasst. Nun kannst du dort auch Videos hochladen, auch wenn du woanders hostest. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Plattform Video-Podcasts pushen will.

Ein Podcast ist eine Technologie, die Audio-Dateien (und seltener Video-Dateien) über einen RSS-Feed abonnierbar macht. Der Upload einer Video-Datei ist ein Video und kein Video-Podcast. So viel Genauigkeit muss sein, finde ich. Für mich bleibt ein Podcast ein reines Audio-Format. Statt uns von Spotifys Marketingtricks beeinflussen zu lassen, sollte man auf gute Inhalte achten – und Formate nicht unnötig vermischen.

Für basicthinking.de schreibe ich ab sofort eine regelmäßige Podcast-Kolumne. Heute ist die erste Folge erschienen: „Video-Podcast: Ein absolut überflüssiger Hype!“. Lies gern mal rein und ich freue mich natürlich über Kommentare und deine Meinung zu dem Thema. Gerne auch unter diesem Artikel.

Warum Video-Podcasts problematisch sind

  1. Aufwendige Produktion: Kameras, Licht und Schnittsoftware treiben die Kosten in die Höhe. Was früher mit Mikrofon und einfacher Software möglich war, wird nun ein aufwendiges Video-Projekt.
  2. Gefahr für die Audio-Qualität: Der Fokus auf Video mindert oft die Tonqualität. Akustik und Sprachqualität, das Herzstück eines guten Podcasts, werden vernachlässigt.
  3. Kein echter Mehrwert: Podcasts sind perfekte „Nebenbei-Medien“. Man kann sie beim Kochen, Putzen oder Autofahren hören, ohne auf einen Bildschirm starren zu müssen. Video-Podcasts lenken von dieser Stärke ab und schränken die Flexibilität ein.

Was gegen Video-Podcasts spricht

  1. Video ist kein neues Format: Plattformen wie YouTube bieten Videos seit 20 Jahren an. Warum also Podcasts in ein etabliertes Format pressen?
  2. Storytelling und Recherche leiden: Komplexe Inhalte, wie in True Crime oder investigativen Podcasts, funktionieren im Video-Kontext oft nicht. Visuelle Elemente können ablenken statt bereichern.
  3. Der Hype dient den Plattformen, nicht den Hörer:innen: Der künstlich erzeugte Trend um Video-Podcasts nützt vor allem Plattformen wie Spotify, die ihre Inhalte und Algorithmen diversifizieren wollen. Die Bedürfnisse der Hörer:innen stehen nicht im Vordergrund.

Fokus auf Inhalte statt Format-Mischung

Die Weiterentwicklung von Podcasts sollte hochwertige Inhalte betonen, nicht unnötige Formatänderungen. Laut Umfragen suchen 67,5 % der Hörer:innen nach fundierten Hintergründen und gut recherchierten Inhalten – nicht nach visuell ansprechendem „Blabla“. Formate wie „True Criminology“ oder „HerStory“ zeigen, dass fundierte Recherche und kluge Inhalte den eigentlichen Mehrwert eines Podcasts ausmachen – ohne große Redaktionen oder aufwendige Video-Produktionen.

Fazit: Warum Video-Podcasts überflüssig sind

Video-Podcasts sind kein Fortschritt, sondern ein überflüssiger Trend, der den Kern von Podcasts als audiofokussiertes Medium verwässert. Produzent:innen sollten sich entscheiden: Entweder Video oder Audio – aber nicht beides vermischen. Wer Podcasts wirklich liebt, konzentriert sich auf das Wesentliche: exzellente Inhalte für das Gehör. Denn darum geht es – um die Kraft der Stimme und die Qualität der Geschichten, die erzählt werden.

Weitere (kritische) Stimmen zum Thema Video-Podcasts

Eine Gemeinschaftsstudie durchgeführt von Acast, Audio Alliance, Springer_Audio, Studio Bummens, iq digital, Mit Vergnügen und Seven One Audio ergab:

Audio-Podcasts wachsen in Deutschland stetig und übertreffen damit fast alle anderen Medien. Hörer:innen wählen bewusst das Medium Audio, das durch Einfachheit und Unmittelbarkeit besticht. Der RSS-Feed ermöglicht eine plattformunabhängige Verbreitung und Vermarktung, die Freiheit und Flexibilität bietet. Podcasts wirken authentisch, ehrlich und natürlich, was sie von anderen Medien abhebt.

Als Longform-Format haben sie sich etabliert und erreichen bis zu 150 % stabilere Durchhörraten. Gleichzeitig steigen die Reichweiten vieler Podcasts organisch, und der Podcast-Werbemarkt expandiert kontinuierlich. Hinzu kommt die effiziente Produktion und die bis zu 12-fach höhere Monetarisierung durch „Host Read Ads“ im Vergleich zu Standard-Video-Werbung. Audio-Podcasts sind damit nicht nur erfolgreich, sondern auch zukunftsfähig.

🎙️ Hier gehts zur Gemeinschaftsstudie.

Niklas Münch, freier Journalist für Podcasts und Radio, stellt die Frage „Droht eine Spaltung der Podcast-Branche?“ Er warnt vor den Folgen des Trends zu Video-Podcasts, betont die Stärken des reinen Audio-Formats und plädiert für die Bewahrung der kreativen Freiheit in der Branche.

🎙️ Hier gehts zum Steady-Post.

In Teil IV ihrer „Podcast-Gedanken 2025“ thematisiert Laura Dath-Lienenkämper Video-Podcasts. Sie betont, dass Video nicht für jeden Podcast geeignet ist und die Tiefe und Länge von Audio-Formaten nicht einschränken sollte. YouTube bietet zwar Chancen für Community-Austausch, doch der Videotrend wird oft von Plattform-Konflikten (Spotify vs. YouTube) getrieben, nicht von Nutzer:innen .

Videosnippets und TikTok helfen bei der Entdeckung neuer Formate, doch Audio bleibt praktisch und flexibel. Die Autorin plädiert dafür, dass kleinere Formate ohne Video keinen Nachteil haben sollten, um die Podcast-Vielfalt zu bewahren.

🎙️ Hier gehts zum LinkedIn Post.

Und hier gehts nochmal zur Kolumne auf basicthinking: „Video-Podcast: Ein absolut überflüssiger Hype!“.

Was hältst du davon? Hype oder Fortschritt? Schreibs ins Kommentarfeld und lass uns drüber reden.

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Kommentare

2 Antworten zu „Warum ich Video-Podcasts für überflüssig halte“

  1. Ich sehe es ein bisschen offener. Wenn das Video begleitend ist, dann ist das doch fein. Podcasts sind ein Audio-Medium, aber wenn eine Kamera mitläuft und ich das dann halt auch auf dem Fernsehen spielen kann – warum denn nicht? Ich schaue beim Podcast hören auch kein Video; weil ich Podcasts meist höre, wenn ich mit dem Hund spazieren gehe. Ich kenne aber bspw. durchaus Menschen, die Podcasts auf dem TV laufen lassen.

    Natürlich ist der Video-Trend von Anbietern getrieben – weil Video-Werbespots sich leichter verkaufen lassen als Audio-Slots. So einfach ist es. Und natürlich müssen Creators deshalb nun damit leben, dass sie ihren Podcast auf Spotify nur eingeschränkt monetarisieren können. Auf der anderen Seite hilft es Creators eben auch auf anderen Plattformen dann Video-Schnipsel unkompliziert nutzen zu um so den Podcast bewerben zu können.

    Auf der anderen Seite ist schon heute YouTube die größte Podcast-Plattform …

    Solange ich keine „Video-exklusiven“ Podcasts habe (dann sind es nämlich wirklich keine Podcasts mehr), ist es doch fein. Und vielleicht fällt ja sogar bald endlich mal jemandem ein, wie man das sinnvoll nutzt, anstatt immer nur sich im Studio abzufilmen.

    1. Lieber Thomas,

      vielen Dank für deine Gedanken. Ich frage mich halt was das Video begleiten soll oder muss? Wenn ich mich initial für einen Podcast entscheide, dann entscheide ich mich doch von vorne herein für ein auditives Format, also Erzählen über Ton und für das Ohr. Ich beschreibe mehr, weil man das was man hört nicht sieht, weil alles formuliert werden muss, weil ich eben kein Bild habe. Ich habe nur den Ton, mit dem ich erzählen kann, Stimmung hervorrufe und Bilder im Kopf kreiere. Denn wenn ich noch Bewegtbild möchte, dann mache ich ein Video. Dann habe ich zwei Ebenen, Bild und Ton und muss ganz anders produzieren. Dann ist das fine für mich.

      Dazu dann aber Video-Podcast zu sagen, ist falsch. Denn ein Podcast ist eine abonnierbare Audiodatei – seltener Video, gibt es aber auch, hat sich wohl nicht durchgesetzt, hat mir ein Herr mit sehr langjähriger Erfahrung mal erklärt. Im Grund ermöglicht es uns Spotify eine Videodatei hochzuladen. Und das nur weil sie YouTube herausfordern wollen. Der Need wird also von der Plattform erzeugt und nicht vom Nutzer.

      Dein Einwand mit der Werbung – klar, das ist ein guter Punkt. Dann ist es dennoch Video und kein Video-Podcast. Ich weiß, ich bin da echt Nicky Picky.

      Das Argument mit dem Abspielen auf Smart TVs, ist mir auch schon mal über den Weg gelaufen. Ich kenne eine Studie darüber: Im Online Audio Monitor steht

      „Der Smart TV belegt mittlerweile Platz 2: Vier von zehn (41 %) regelmäßigen Nutzenden hören darüber Webradio und/oder Audio-on-Demand-Angebote. Mit einem erneuten Zuwachs gegenüber dem Vorjahr gewinnen zudem das Tablet (37%), WLAN-Radio (31%) sowie die Smartwatch (13%) an Relevanz.“

      Von daher würde ich der Sache mit dem Smart TV fast zustimmen, wenn es nicht weiter heißen würde „85 Prozent der regelmäßigen Nutzenden hören Online-Audio außer Haus.“ Und es konnte nicht getestet werden, ob sie dann auch davor sitzen, um den Podcast anzusehen oder einfach laufen lassen.

      Die Begleitung einer Podcast-Aufnahme mit Video erschließt sie mir nicht. Genauso wenig das Streamen von Podcasts über Twitch.

      Aber: Es kann jeder so handhaben wir er*sie möchte. Ich will niemandem meine Meinung aufzwingen. Ich kann dem Format Video-Podcast einfach nichts abgewinnen, weil ich überzeugt bin, dass es ein Marketingtrick der Plattformen ist. Die erzählen eben so lange von Video-Podcasts, bis es zur Wahrheit wird und die Statistiken steigen. Ich möchte mich auf Inhalte und Erzählen fürs Ohr konzentrieren, da hat Video einfach keinen Platz.

      Jedenfalls danke für deinen Kommentar und den Austausch. Das freut mich besonders, die vielen Perspektiven zu sammeln.

      Grüße
      Valerie

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