Interview mit Tobias Kollewe über das Barcamp Digitalisierung #digicamp18

In meiner 5. Episode in meinem Podcast Hotelomotion on Air spreche ich mit Tobias Kollewe vom Coworking Campus Augsburg über das Barcamp Digitalisierung, dass am 14. Juli 2018 in Augsburg stattfindet.

Unter dem Oberthema Digitalisierung kann man sich ja einiges vorstellen. Wir sprechen heute über die Zukunft der Arbeit, also New Work, über veränderte Kommunikation, über den digitalen Vertrieb, also E-Commerce in der Hotellerie und über das digitale Zeitalter und wie sich das Leben dadurch verändert.

Was ist ein Barcamp?

Ein Barcamp wird gerne als Unkonferenz bezeichnet. Es ist eine klassische Konferenz bei dem ein Dachthema vorgegeben ist und in unserem Fall ist das die Digitalisierung. Es gibt auch Barcamps ohne Themenvorgabe. Jeder Teilnehmer darf seinen Vortrag, seinen Workshop, seine Session, also sein Diskussionsthema mitbringen. Daraus wird das Programm zusammen gesetzt und innerhalb des Barcamps besprochen. Ein Barcamp kann ein, zwei oder drei Tage lang sein.

Barcamps mit Themenvorgabe sind zum Beispiel das Literaturcamp oder Bonn oder das Hotelcamp.

Bei unserem Barcamp Digitalisierung ist eben das Thema Digitalisierung vorgegeben.

Am Barcamp Stuttgart zum Beispiel gibt es keine Themenvorgabe. Das ist eines der ältesten und grössten Barcamps. Da kann man über alles sprechen, wie zum Beispiel Kochrezepte, schöner Stricken, der letzte Urlaub usw.

Ich selbst bin begeisterter Barcamper und sehr fasziniert von diesem Veranstaltungsformat. Ich finde es sehr spannend, weil man da auch immer sehr kreative und sehr interessante Leute trifft, die etwas erzählen wollen.

Wie kam es zu der Idee für das #digicamp18?

Wir haben so etwas ähnliches, nur ohne offenes Format, schon seit 2013 gemacht, das war die Webcon in Aachen.

Im Zuge des Coworking Campus Projekts, dass wir hier in Augsburg machen, bin ich darauf gestossen, dass es trotzdessen das Digitalisierung in aller Munde ist, überraschenderweise noch kein Barcamp dazu gibt.

In Augsburg selbst gab es soweit ich weiss, noch gar kein Barcamp und das passte dann wie die Faust aufs Auge. Innerhalb von wenigen Wochen ist so die Idee für das Barcamp Digitalisierung entstanden.

Wen willst du ansprechen? Für wen ist die Veranstaltung geeignet?

Es ist für jeden geeignet der sich für Digitalisierung interessiert oder davon betroffen ist.

Wir haben das Thema bewusst offen gewählt und es kann jeder hinkommen der sich für Themen wie digitale Transformation, Innovation, New Work, Prozesse in der Produktionstechnik, digitales Leben, Lifestyle, was auch immer.

Im Grunde ist jeder herzlich Willkommen, der sich für Digitalisierung in welcher Form und Auswirkung auch immer, interessiert.

Weil du gerade New Work angesprochen hast.Ich habe neulich ein Video auf Facebook gesehen, da ging es um einen älteren Herren, der scheinbar ein Vorstellungsgespräch mit einem jungen Mädchen hatte. Er fragte sie ob sie Power Point und Excel kann, sie sagte nein. Sie könne eher Snapchat, Instagram usw. Daraufhin meinte der Herr, was denn mit Facebook sei? Sie hat ihn ausgelacht und gesagt, das wäre nur etwas für ältere Leute, wie ihre Eltern. Dann meinte er, wenn sie hier arbeite wolle, müsse sie um 8 Uhr anfangen. Darauf meinte sie, das gehe nicht, sie könne erst ab 10.45 Uhr. Er meinte, naja dann würde das nichts werden. Daraufhin wollte sie den HR Director sprechen und ihre mental Health Day nehmen. Also natürlich überspitzt dargestellt.

Was ist das New Work?

Das spannende an dem Oberbegriff „New Work“, so wie ich ihn für mich verstehe, ist, dass sich jeder seine Arbeit so schaffen kann, wie es für ihn am Besten ist.

Das klassische 9 to 5, das wir jetzt haben, hat seinen Ursprung in der industriellen Revolution aus vorletzten Jahrhundert und ist schon längst überholt, dieses 3-Schicht-System dass dann zu 9 – 5 geführt hat.

Und das gleiche gilt für den Arbeitsplatz und den Arbeitsort und alles was dazu gehört.

Für mich beschreibt New Work in vielen Branchen, klar lässt sich das nicht überall umsetzen, aber in vielen Branchen beschreibt das für mich so ein bisschen das Miteinandern aus Arbeits- und Privatleben.

Vor ein paar Jahren hat man von Work-Life-Balance gesprochen. Das macht von der Begrifflichkeit her schon einen klaren Schnitt zwischen Arbeit und Leben.

Für mich hängt dieses New Work deutlich zusammen mit Work-Life-Flow, also dem Zusammenspiel von Arbeit und Privatleben oder Leben und das eben so, dass es jeder individuell für sich umsetzen kann.

Ich glaube letztlich dass da sehr viel Flexibilität gefordert ist und das nicht nur auf Seiten des Arbeitgebers, das wird meines Erachtens immer fälschlich dargestellt, sondern auch vom Arbeitnehmer ist sehr viel Flexibilität gefragt. Es ist wie bei allen Change-Prozessen, es gibt immer die Bedenkenträger auf der einen Seite und es gibt die Menschen die sich schlicht und einfach nicht umgewöhnen möchten.

Wenn das wieder in den Kontext New Work setze, dann ist das schöne an der ganzen Geschichte, wenn die Restriktionen, die es in dem ganzen Umfeld gibt, wenn die wegfallen, dann heisst es natürlich auch, dass etwas so bleiben darf, wie es ist.

Veränderung ist kein Muss.

Das heisst die Leute können sich in diesem Konzept mit smart workplace, digitale workplace, freie Arbeitszeiten und Arbeitsorte usw. und wenn alle Umgebungsvariablen stimmen, anpassen, wie das für sie perfekt ist. 

Wenn ich mir jetzt überlege im Sinne von New Work, okay heute mache ich Home Office oder ich gehe in den Coworking Space, dann stellt sich ja die Frage: Wie bleibe ich in Kontakt mit dem Team, wie berichte ich an den Chef oder dem Projektteam?
Damit ändert sich natürlich die Kommunikation.

Wie denkst du wird sich die Kommunikation verändern?

Das wird definitiv ein Punkt, wenn jemand die entsprechende Session anbietet und mitbringt. Ich glaube, dass im Zuge der Digitalisierung und New Work und das hat man ja in den letzten Jahren schon gesehen, dass die Kommunikation noch schneller und noch persönlicher wird, als sie das bisher eigentlich ist.

Ich nehme als Beispiel mal das Tool Slack – ohne Werbung machen zu wollen. Für alle die das Tool nicht kennen: Ich beschreibe das als eine Mischung aus Whatsapp und Facebook für Unternehmen. Diese Kurz-Kommunikation hat ja in den letzten Jahren schon bis in die Dax-Konzerne Einzug gehalten. Und vor geraumer Zeit war das noch gar nicht denkbar oder möglich.

Meistens hat man die Kommunikation auf unterschiedlichen Kanälen verteilt. Wir beide hatten vorhin das Problem, dass ich eine Email gesucht habe zu diesem Podcast. Ich wusste nicht mehr hast du mir die per E-Mail gesendet und wenn ja an welche Adresse überhaupt oder per Whatsapp oder per Facebook Messenger. Das hätte ich alles nachkucken müssen.

Wenn sich die Kommunikation auf einen Kanal beschränkt und dafür nehme ich das Beispiel Slack, dann fällt das Suchen natürlich weg.

Und deine Frage war, wie sich Kommunikation verändert. Slack bietet beispielsweise die Möglichkeit der Videotelefonie und da findet alles auf einer Plattform statt.

Von der Videotelefonie glaube ich ja, dass die in den nächsten zwei Jahren, das heisse Thema schlechthin wird.

Videotelefonie gibt es schon sehr lange, ich weiss nicht seit wie viel Jahrzehnten es schon Skype gibt und trotzdem hat es noch ein stiefmütterliches Dasein. Die Leute nutzen es ungern.

Lange Zeit hat die Bandbreite nicht gestimmt. Heute ist Technik und Bandbreite selbst mobil mit Facetime oder Skype kein Thema mehr. Ich glaube dass wir in den nächsten Jahren vom doch sehr unpersönlichen E-Mail wieder zurückkommen zum Vis à Vis, dank Videotelefonie und überall gibt es die eingebauten Kameras.

Da spielt natürlich auch die Entwicklung von zum Beispiel dem Amazon Echo Spot, den ich auf meinen Küchentisch stellen kann ohne Laptop eine Kamera habe und mit Video telefonieren kann.

Ich bin ganz zuversichtlich, denn wir hinken ja den US Trends immer ein wenig hinterher und da ist Skype for Business in der beruflichen Kommunikation undenkbar.

Ich denke Videotelefonie kommt wieder.
New Work und Kommunikation beeinflussen zudem den Vertrieb. Ich besuche momentan einen Lehrgang zum E-Commerce Manager. Verfolgst du so ein bisschen die Hotellerie und wie sie ihren Vertrieb aufstellt?

Wie denkst du denn über den E-Commerce in der Hotellerie?

Nicht beruflich, aber natürlich als Kunde und als Nutzer.

Das ist ein schwieriges Thema und ich kann persönlich überhaupt nicht nachvollziehen, warum digitale Themen und E-Commerce in der Hotellerie noch nicht angekommen sind.

Zumindest nicht so, wie ich mir das vorstelle. Seien das Buchungen ausserhalb der Hotelportale oder Kundenbindung durch Newsletter oder das einfachste Beispiel: kostenloses WiFi.
Also in einem Hotel, in dem ich immer noch 12 EUR pro Tag für WLAN zahlen muss, dann glaube ich da hat einer das Thema nicht verstanden.
Oder dass ich meine Rechnung nicht schnell mit Paypal zahlen kann. Für mich wäre das ein Traum.

Für mich oder auch für andere Gäste, wären solchen Geschichten in naher Zukunft buchungsentscheidend.

Das Potenzial ist sicherlich da, aber ich habe ein bisschen das Gefühl, dass die Hoteliers nicht auf der Höhe der Zeit oder der Möglichkeiten sind und es besteht noch viel Aufklärungsbedarf.

Das erinnert mich so ein bisschen an die Thematik mit dem Einzelhandel und die Furcht vor dem Online-Handel.

Das war oder ist ja dort immer noch so. Der klassische Einzelhändler scheut den Online-Handel, wie der Teufel das Weihwasser und Amazon ist die Ausgeburt des Bösen.

In Zukunft wird es unter Strich, wie im Einzelhandel auch, so sein, dass die Konsumenten bzw. Hotelgäste anfangen mit dem Mausklick abzustimmen und dann bleiben die übrig die es verstanden haben. Dann bleiben die übrig, die die nicht mehr ganz so neuen Trends und Möglichkeiten umsetzen.
Neben den Themen Digitalisierung, New Work, Kommunikation und E-Commerce im digitalen Zeitalter gibt es einen weiteren Punkt: Das Leben in der Digitalisierung.

Was zählt für dich zum digitalen Zeitalter?

Das lässt sich schlecht zusammenfassen, weil ich bin seit fast schon Jahrzehnten in dieser Thematik drin.
Manche Dinge haben sich in das Leben eingeschlichen. Früher hat man im Brockhaus nachgeschlagen und das sagt heute vermutlich den Meisten schon fast gar nichts mehr. Diese ganzen flexiblen Arbeitsmöglichkeiten, bald kommt das autonome Autofahren, jederzeit Zugriff auf alles. Im Grunde genommen ist das in vielen Lebensbereichen schon eine Selbstverständlichkeit.

Das ganz einfache Beispiel Netflix oder die Mediatheken, früher musste man zu bestimmten Zeiten an einem bestimmten Ort sein, um die Tagesschau, Filme oder die Lindenstrasse oder irgendwas anzusehen. Und das dann auch nur in einer vorgegebenen Dosis, sprich eine Folge. Heute kann ich zeitunabhängig, ich kann ortsunabhängig schauen und ich kann so viel schauen wie ich möchte.

Wenn dann der Gesetzgeber etwas mehr mitmachen würde, nicht so viele Einschränkungen vorgeben würde oder sich mehr an der Lebensrealität orientieren würde, dann hätte das heute für uns schon ganz andere und für uns komfortable Auswirkungen.

Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Schattenseiten. Deshalb denke ich, kann man das nicht so ganz schwarz weiss sehen.

Als vor 10 oder 15 Jahren die Thematik Social Media aufkam, haben wir in der Firma Schulungen für Lehrkräfte gegeben und die Frage beantwortet, welche Auswirkungen haben Facebook & Co. auf die Schüler, auf den Unterricht, auf Kultur und alles mögliche. Damals hat man ja noch gedacht, Facebook sei für den Untergang des bayrischen Abendlandes verantwortlich und trotzdem fliesst die Donau heute noch in die gleiche Richtung. Also es hat sich nichts geändert.

Was ich damit sagen will, ich glaube, dass wir uns an dieses digitale Zeitalter genauso gewöhnen werden wie unsere Eltern und Grosseltern sich an Radio und Fernsehen gewöhnt haben. Der Unterschied ist nur, dass es ein kleines bisschen schneller geht, dank der neuen Informationsstrukturen, dank der technischen Möglichkeiten, dank der Verbreitung.

Spätestens wird diese Gewöhnung kommen, mit der Generation die damit aufwächst und dank des Aufwachsens auch gleich lernt, wie man damit richtig umgeht.
Digitalisierung bleibt ein spannendes Thema und ich freue mich auf das was uns noch erwartet.
Am 14.07.2018 findet das Barcamp Digitalisierung #digicamp18 statt und hier geht es zu den Tickets!

Vielen Dank, Tobias für das Gespräch.

Danke auch!

Ps: Weitere Events findest du immer aktuell in meinem Eventkalender. Hier geht’s zu den Events 2020.

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Valerie Wagner Journalistin & Podcasterin
… und ich bin leidenschaftliche Podcasterin und Journalistin. Ich hoste vier Podcast-Sendungen. Zwei produziere und hoste ich selbst: Die Podcast-Reportage ist ein Interview-Podcast in dem ich mit interessanten Menschen und Experten spreche. Im Text & Podcast Podcast zeige ich dir wie du einen Podcast startest und dran bleibst. Im Format Follows Story Podcast den ich mit Heike Stiegler co-hoste, geht’s um Geschichten. Und im Die Büchestaplerinnen-Podcast spreche ich regelmäßig mit Antje Tomfohrde über Bücher. Außerdem schreibe ich journalistische Texte für Magazine und bin Mitglied im Redaktionsteam des DFJV-Podcasts.

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